Hubmaier, Balthasar – An den Rat von Regensburg

„Mir ist fast wohl bewusst, dass ich sollte mich wiederum zu Eurer Weisheit verfügt haben: so hat es von Leibes wegen nit sein mögen nämlich auf den anderen Sonntag nach Ostern. In mittlerer Zeit ist so großer Aussatz und Nachstellung allen denen, die das göttliche, wahr und klar Wort verkündet, zugefallen, dass ich mich nicht hab dürfen wagen. Ferner so hör ich mit großer Traurigkeit, wie in Eurer Stadt Regensburg noch auf diesen Tag mehr der Menschen Tand gepredigt werde, denn das pure Wort Gottes; was mir von Herzen leid ist; denn was nicht aus dem lebendigen Worte hervorfleußt, das ist tot vor Gott. Deshalb sagt Christus: Ergründet die Schrift. Er sagt nicht: folget nach den alten Bräuchen, wie wohl ich solches, als ich erstlich bei Euch gewesen bin, auch nicht getan. Es ist aber unwissend geschehen. Ich bin wie andere mit Menschenlehre verblendet gewesen und besessen. Deshalben ich öffentlich bekenne vor Gott und allen Menschen, dass ich also ein Doktor worden bin und nochmals etliche Jahre bei Euch und anderwo gepredigt und habe doch nicht gewusst den Weg ins ewige Leben. Innerhalb zweier Jahre erst hat Christus angefangen in meinem Inneren zu grünen. Ich habe ihn aber nie so männlich als jetzt aus der Gnade Gottes dürfen predigen. Gott sei es geklagt, dass ich so lange in dieser Krankheit bin krank gelegen. Ich bitt ihn treulich um Verzeihung, ich hab’s unwissend getan; darum schreib ich das. Ob Eure Prädikanten jetzt sagen werden, ich sei jetzt einer anderen Meinung, denn vorher, das bekenn ich und verfluche alle Lehre und Predigt, so ich getan hab bei Euch und anderswo, die in dem göttlichen Wort nicht gegründet sind. Und ob man Euch vorwirft die heiligen Concilia, glaubet’s nicht; man verführt Euch, wie wohl man uns jetzt Jahr und Tag aufgezogen, ein Concilium zu halten, aber es geschieht nicht. Sie wissen wohl, dass eine einzige Frau, und soll es schon die fromme christliche Frau Argula von Stauf sein, mehr weiß des göttlichen Worts, denn solch rote Häubler je sehen und greifen: Ergebt Euch Gott, vertraut ihm, baut auf sein Wort, er wird Euch nicht verlassen; gebt ein kurzes um ein langes (Leben), damit Ihr dort ewig lebt; und man Euch schon darum Ketzer schelten würde, o seid froh, Euer Lohn wird reichlich sein in den Himmeln. Die Sophistenköpfe haben uns bald Ketzer ausgeruft, aber dass sie uns mit der Schrift zu Ketzern machten, da lassen sie den Stein liegen. Gedenkt, dass Nürnberg, Nördling, Augsburg, Ulm, Reutling, Konstanz, St. Gallen, Appenzell, Zürich, Schaffhausen, Basel, Straßburg, Worms, Speier, Mainz und gar noch das ganze Land Sachsen auch nit Narren seien usw.“

Gemeinde zum Alten St. Peter – Bitte um einen gläubigen Pfarrer

Seit langen Jahren haben uns die Stiftsherrn nichts als gedingte Tagelöhner zu Leutpriestern aufgestellt, nit nach Kunst und nach der pfarrkinder seelenheil, sondern nach Gunst und nach der Stiftsherrn Nutzung; wer am wenigsten Geld genommen, der war ihnen der Liebste, idesen Dank haben sie uns geben für die Herberg, als ob sie das Verderben unserer Seel und Leib geschworen hätten. Nun ist uns aber das Licht des Evangeliums aufgangen und wir mögen der Predigt des göttlichen Worts weniger entbehren als allen leiblichen Dings; darum möge nur der Rath zu Einsetzung eines christlichen Pfarrers verhelfen, den wir nach göttlichen Rechten gewählt haben, Meister theobald Schwarz, unsern Mitbruder und Bürger, den haben wir uns etlich Tag lassen predigen und denen so gewollt haben die Sacrament reichen; denn uns nit hat wollen gebühren, die Unsern am Wort Gottes Mangel haben lassen, um etlicher Gottloser willen, die sich göttlichen Rechten entgegensetzen und da Euer Gnaden uns bisher zu unserm christlichen rechtmäßigen Fürnehmen nit hab verhelfen mögen.

Luther, Martin – An Wolfgang Stein in Weimar

9. März 1524

Venerabili viro, Domino Volfgango Steyn, ducali Ecclesiasti Vimariae, suo in Domino fratri.

Gnad und Frid, lieber Magister Wolfgange! Zween Bruder aus dem Kloster zur Neuenstadt haben mich gebeten, an m. gn. Herren, den jungen Fursten, zu schreiben, daß seine F. Gnade wollte helfen, daß sie etwas aus dem Kloster uberkommen mochten. Der eine, Michael, wollte gerne allhie studirn und darnach sich zu predigen brauchen lassen, wo ihm m. gn. Herr entweder von eigener Gnade etwas dazu schenkt, oder aus des Klosters Ausbeute mitzutheilen verschaffet, do es doch ubel, als sie sagen, verthan wird. Der ander, Heinricus Zwecz, ist fast arm, wollt gern zum Handwerk anzufahen aus demselben Kloster haben, darein er etwas redlichs seines Erbes bracht hat. Nu bekummere ich m. gn. Herren nicht gerne damit, weiß auch nicht, wie die Sachen gethan sind, und ihr seid auch mußiger und geschickter darzu, denn ich; bitt ich in Christo, wollet solche Muhe auf euch laden und in meinem Namen fur die zween Bruder an m. gn. Herrn sinnen und thun, so viel es muglich ist, daß sie dochh endlich entschieden, des Laufens hin und her absthen, und wir auch ihr los werden. Das will ich wieder verdienen, und Christus wird es erkennen. Hiemit in Gottes Gnaden sampt euer Heva befolhen. Zu Wittemberg am Mittewochen nach Lätare 1524.

Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Vierter Band.
Briefe vom September 1522 – August 1524
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1891