Luther, Martin – An Hiernoymus Baumgärtner

Wittenberg den 12. Oktober 1524

Gnade und Friede im Herrn! Lieber Herr Hiernoymus! Auch Euch muß ich bei der Überzahl meiner Armen in Anspruch nehmen. Dieser junge Mann, Gregorius Keser, sucht irgendwo eine Stellung und hat mich um einen Brief an jemand in Nürnberg gebeten. Zwar habe ich ihm wenig Hoffnung gemacht und ihm gesagt, daß überall alles voll ist. Trotzdem habe ich ihn in des Gottes Namen ziehen lassen, der auch die Raben ernährt. Wollt Ihr übrigens Eure Ketha von Bora festhalten, so tut bald etwas dazu, bevor sie ein andrer bekommt, der bei der Hand ist. Sie hat ihre Liebe zu Euch noch nicht verwunden. Ich würde wahrlich an jeder der beiden Verbindungen meine Freude haben. Lebt wohl.

Martin Luthers Briefe
In Auswahl herausgegeben von Reinhard Buchwald
Zweiter Band
Leipzig,
im Inselverlag
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Luther an Wolfgang Stein.

11.10.1524

D. Wolfgango Stein, servo Christi in aula ducis Saxoniae, Vimariae.

Gnad und Friede in Christo. Mein Herr! Ich wollte wohl einen Prediger gen Rall von hinnen zufügen. Weil aber dieser Er Lorenz, der unser Brigitten aus der Marter helfen kann, dunket mich das Beste, daß er von dem Schöffer und Rath zu Eissenberg Zeugnuß nehme, und neben dieser meiner Schrift durch euer Mittel meinem gn. Herrn werde angeben. Denn er mir nicht ubel gefällt, soferne ich ihn kenne. Wolts aber nicht sein, will ich einen guten verschaffen. Euer Schrift sampt den Schriften Carlstad und der Orlamunder hab ich empfangen, auch das Schmuckbuchlin de actis zu Orlamunde rc. Es schadt nicht; sie suchen, Gott wird sie aber finden. Ihr gläubt nicht, wie der Mensch Carlstad in Schweizen, Preußen, Behemen und allen Orten anschlägt und Nest suchet, wie ich euch ein andermal schreiben will. Da siehet man, was Geist und Bauch ist. Grußt mir eur Costa, und bitte fur mich. Am Dienstag nach Dionysii 1524.

Martinus Luther.

Quelle:
Dr. Martin Luthers sämmtliche Werke.
Briefwechsel
Bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Dr. th. Ernst Ludwig Enders
Fünfter Band.
Briefe vom September 1524 – Dezember 1526
Calw & Stuttgart
Verlag der Vereinsbuchhandlung
1893

Wolff von Salhausen – Brief an Martin Luther

Ain Sendtbrief Er wolffen von Salhawsen an D. Marti. Luther.

Gnad vnd fride in Christo/ Wirdiger vnnd Hochgelerter Herr Doctor/ vnd bruder in Christo. Es hat bey vns Tetzschen ainen grossen widerstandt vnser prediger/ von etlichen/ die auch der schrifft gewyß sein wöllen/ Sonderlich in zwayen Puncten. Erstlich sagt vnd leeret vnser prediger/ wie das das Gesetz den kindern/ vnd den bößen gegeben sey/ vnd so sy das nicht lernen/ nicht hören/ auch nicht halten wöllen/ So seind die Elltern vnd Oberkait schuldig die selbigen zu treyben/ auch mit straff/ das sy es lernen/ hören vnnd halten. Wider solche leere seind ettliche/ hardtstarrige/ vnd sprechen/ Christus habe Matth. x. gesaget/ Geet vnd prediget das Euangelion rc. Er habe nicht gesaget/ prediget das Gesetz/ Den Juden sey das Gesetz gegeben/ nicht vns Hayden/ der halben vns das gesetz/ Aber die Zehen gebott/ nicht angehen. Moses soll auch nicht vor dem Euangelion geprediget werden/ Sonder der glaube bringe alles mit jm/ vnd lerne/ was wir thun vnd lassen sollen.

Es sagt auch vnser prediger/ das das Euangelium vnd Christliche Freyhait/ solchen menschen/ nichts nütz sey/ die also leben on alles gesetz/ in jrem aygen willen/ denn der flayschliche mensch/ kan das nicht fassen/ der frid hab auch nit statt zu ruwen bey jm. Derhalben/ so die oberkait/ solchen menschen/ die alle Christliche freyhait/ in ain flayschliche freyhait ziehen vnnd brauchen/ nicht wöret vnd strafft/ So wölle der PRediger/ den staub von schuchen schlahen/ vnd daruon gehen. Er spricht auch/ das die Euangelischen prediger nicht rechte ordnung halten/ die des gesetzs art vnnd krafft nicht trewlich dem volck fürtragen vor dem glauben.

Derhalben mein lieber herr Doctor/ bit euch freüntlich/ auß Christlicher trew/ jr wöllt mich schrifftlich vndterrichten/ wie wir vns in disen stucken halten sollen/ Ob auch die oberkait/ auß götlichem beuelch/ die/ so das gesetz/ weder eusserlich noch innerlich/ vnnd doch des glaubens rümen/ halten/ zu strafen habe/ vnd zu treyben das sy hören/ lernen/ vnnd halten/ was Gott jn eusserlich zu thun/ gegen sein nechsten gebotten hatt.

Das ander leeret vnser Prediger/ nyemants kumme zu Gott/ Got geb nyemandts den glauben/ er habe dann zu vor das gantz gesetz gehalten. So er es nicht gehalten hat/ muß er sich vor Got bekennen/ das ers schuldig ist gewest zu halten/ vnd Gott bitten vmb vergebung. In sollicher vergebung schenckt jm gott den glauben/ vnd geschicht dem gesetz genug/ durch Christum. Dise alle obenuerzaychneten puncten/ sagen jr vil/ es sey irrthumb geprediget/ den Christen vnnöttig zu wissen/ denn der glaub lernet alle ding. Darumb/ wie oben gebetten/ bitt ich noch ain schrifftlich vndterricht/ vns allen zu gut. Hie mit Got beuolhen. Euch zu dienen bin ich allzeyt willig. Geben zu Tetzschen/ am Mitwoch nach Michaelis/ Im M.D. xxiiii. jar.