Johann Friedrich an Luther

24.3.1536

Vnsern grus zuuor, erwirdiger, lieber andechtiger. Nachdem der wolgeborn vnser radt vnd lieber getreuer, Wilhelm Graf von Neuenar ieczt alhie bey vns gewest, hat er gegenwertigen seinen prediger, dass er Euch vnd anderen vnsern gelerten zu Wittenberg ansprechen vnd mit Euch kunde machen mocht, mit sich anher genomen vnd vns darauf gebeten, dass wir ine darczu gegen Wittenberg furderlich sein wolten. Weil wir dann gedachten grafen als der gotlichs wort vor andern hochlich liebt, in deme mit allen gnaden gneigt vnd gedachten prediger, dem Spalatino vnd er Friedrich Mecum vf negster vnser reiß im land zu etlichen bekent worden, die in als fur gelert vnd from bey vns angeben, so wollet denselben zu Euch kommen vnd ime gueten willen beweisen, auch die zeit vber, so er aldo sein wirdet, mit cost vnterhalten, darumb wollen wir Euch vorgleichung thun lassen, wolten wir Euch nit verhalten vnd thut vns daran zu genedigem gefallen. Datum Weymar Feitags nach Oculi Anno 1536.

Quelle:
Dr. Martin Luthers Briefwechsel
Herausgegeben von Dr. C. A. H. Burkhardt
Leipzig
Verlag von F. C. W. Vogel
1866

Luther, Martin – An Wenceslaus Link (1536).

Gnade und Friede in Christo ! Mein lieber Wenzel! Weil es schon einige hundert Jahr her ist, daß ich nicht lateinisch schreibe noch rede und fast fürchte, all mein früher Latein zu vergessen nnd glaube, daß ihr wohl an der gleichen Gefahr leidet: so hoffe ich doch, daß solcher Glaube mich vor euch rechtfertigen werde auch ohne gute und böse Werke, weil ihr gegen solche Sünder ein gnädiger Gott seid, gleichwie ihr wünscht, daß in euren gleichen Sünden euch vergolten werde. Amen.

Ich hatte nichts zu schreiben, nur wollte ich diese ehrsamen Evangelistinnen. Frau Detzelin mit ihren Töchtern, nicht ohne Briefe ziehen lassen. Auch hütt ich einige güldene Berge mitgeschickt, aber unsre Elbe hat in diesen Jahren gar oft überschwemmet und hat allen Goldsand mit sich fort genommen: ließ uns nur Kies und Steine zurück, davon einige in Justi Jonä Leibe hängen blieben sind. So scherze ich krank und gesund, schwach und stark, ein Sünder und ein Gerechter, fast gestorben und lebendig in Christus.

Da ihr dort zwischen güldenen und silbernen Flüssen sitzet, schickt mir doch, nicht poetische Träume, wohl aber poetische Lieder, die mir sehr wohl gefallen. Versteht ihr mich? Ich will deutsch reden, mein gnädiger Herr Wenzel. Wo es euch nicht zu schwer, noch zu viel, oder zu lang, oder zu weit, oder zu hoch, oder zu tief und dergleichen wäre, so bitte ich euch, ihr wollet irgend einen Knaben lassen sammeln alle deutsche Bilder, Reime, Lieder, Bücher, Meistergesänge, so bei euch dieß Jahr sind gemalet, gedichtet, gemacht, gedruckt durch eure deutsche Poeten und Formschneider oder Drucker; denn ich Ursach habe, warum ich sie gerne hätte. Lateinische Bücher können wir hie selbst machen; an deutschen Büchern zu schreiben lernen wir fleißig und hoffe, daß wirs schier so gut wollten machen, wo wirs nicht bereits gethan, daß es Niemand gefallen sollte. Gehabt euch wohl in Christo. Betet für mich. Der Herr sei mit euch und den Euren; grüßet alle die Unsern. Am 2. nach Oculi 1536,

D. Mart. Luther, so wohl Doctor, als ihr selbst.

Quelle:
Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867Hase, Carl Alfred – Luther-Briefe in Auswahl und Uebersetzung für die Gemeinde herausgegeben Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel 1867

Ambroius Blaurer an Thomas Blaurer, 14.3.1536

„Meine Frau brauch ich euch nicht erst zu empfehlen; sie rühmt in allen ihren Briefen eure Dienstwilligkeit; doch empfehle ich euch meine auch sonst genug empfohlene Wittwe. Sag der lieben Hausfrau, mich verlang so sehr zu ihr, daß ich doch einmal viel Ding mit ihr redete. Ich werd wohl halb vergessen, wo verzeicht, ehe ich komme; entbittet Gott treulich für mich. Ihr könnet euch leicht vorstellen, wie unbequem und unglücklich ich mich hier fühle. Ich lebe als ein Fremder. Stets neue Sorgen für die Kirchen nehmen mich in Anspruch. Vieles möchte ich ungeschehen, Anderes anders haben, und doch gelte ich Unschuldiger als der Schuldige für Alles. Die Kirchenvisitation, deren Beendigung mir vielleicht die Rückkehr zu euch gestattet, wird so oft ausgesetzt, daß sie wohl, wenn es so fortgeht, vor vollen zwei Jahren nicht zum Abschluß kommen dürfte. Unterdessen bin ich eures Anblicks und des Zusammenlebens mit euch und allen meinen Lieben, insbesondere mit meiner allerliebsten Frau beraubt, beraubt bin ich auch meiner Studien, beraubt auch aller der Dinge, welche dieses elende Leben erträglich machen und das Gefühl jener Leiden mildern könnten. Und was das Schlimmste ist, ich finde keine Gründe mich loszumachen, außer solchen, welche der Herzog gar nicht oder nur wenig gelten läßt. Doch sage ich dieses nur dir, denn ich möchte nicht, daß meine Frau von diesem Verzug erfahre; vielmehr soll sie durch die Hoffnung auf meine baldige Heimkehr aufrecht erhalten werden. Und vielleicht führt der Herr ja eine unerwartete Gelegenheit herbei, die mir die Rückkehr zu euch gestattet.“