Melanchthon an den Rat zu Augsburg

Den Erbaren Weisen vnd Fürnemmen Herren Burgermaisteren vnd Pawnaisteren, den verordneten Kriegs vnd Gehaimen Rhäten zue Augspurg etc. Meinen günstigen Herren.

Gottes Gnade durch vnseren Herren Jhesum Christum zuuor.
Erbare fürnemmme, weise Herren, Ewr Weissheit wollen es darfür halten, was ich zue frid vnd Eingkheit Ewr Kirchen thuen kan, das ich solchs von Herzen zuethuen willig bin. So ich auch mit meinem Todt, dem schreckhlichen ärgernus dises zanckhs vom Sacrament, rechtschaffen wehren kent, wolt ich germ darumb leiden. Ewer Weisheit aber als die verstendigen sachen, wie der Handel hanget, vnd ist nicht gut, das das Feuwr widerumb vnder vns selb werde aufgeblasen, darum bite ich E. W. wollen mitt bereden handelen, das sie still sind. Gott bewahre E. W. allezeit, vnd gebe Ewr Kirchen heilsamme Lehr, vnd seinen heiligen Geist, zue vnsers Herren Christi Preiß, vnd viler Christen Seeligkheit. Datum Witteberg, Freytags den 30. August 1538.
E. W. williger
Philippus Melanchton

Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel

Verhandlung mit Straßburg. Vom Tod eines Neffen Farels.

Die Gnade des Herrn sei mit dir – – –

Was mich angeht, so fahren die Straßburger fort, dran zu treiben, ich solle zu ihnen kommen. Bei Grynäus bestehen sie noch fester drauf, aber auch mir verhehlen sie ihren Willen nicht. Ich schicke den letzten Brief Butzers mit, in dem er nach seiner Art darauf beharrt, mir dazu zu raten. Firn will mit sehr vielen Gründen dasselbe erreichen; einige dieser Gründe nehme ich an als solche, die eben der Art dieses Mannes entsprechen; andere sind aber nicht ohne Sinn. Solche z. B.: Es könne nicht anders sein, als dass unsere Gegner, wenn sie sähen, dass ich nun in dieser Kirche eine Lehrstelle habe, gezwungen würden, sie möchten wollen oder nicht, Respekt vor mir zu haben. Ferner wenn es zu der Zusammenkunft komme, so werde es meiner Rede mehr Gewicht verleihen und gleichsam ein günstiges Vorurteil schaffen, dass eine so angesehene Gemeinde mir ein Amt übertragen habe. Ich habe trotzdem wieder ausweichend geantwortet, weil ich dich nicht beiziehen konnte. Grynäus lässt sehen, dass im Ganzen sein Rat sich der Meinung der Straßburger zuneigt, doch tut er es vorsichtig, damit es nicht aussieht, als handle er so aus Überdruss an meiner Gesellschaft. Wenn sie mich auf lange Zeit binden wollten, wäre die Entscheidung ja nicht schwer. Aber du siehst, was sie wollen. Ich erwarte deine Meinungsäußerung. Rasch zu dir zu eilen, davon scheint man mich aus gewichtigen Gründen zurückhalten zu wollen. So mögen sie dich ruhig im Werk des Herrn fortfahren lassen. Sie wollen uns beide nicht vereinigt haben. Ich wollte, ich dürfte hier schließen, damit du von mir nicht hören müsstest, was dir, ich weiß es, schlimme Kunde sein wird. Aber ich zögere nicht, dir zu sagen, was der Herr getan hat, dir als einem Mann, der es gelernt hat, Gottes Vorsehung gerne zu gehorchen und es auch andere lehrt. Dein Neffe ist letzten Samstag von der Pest ergriffen worden. Sein Begleiter und ein Goldschmied, der seinerzeit in Lyon für das Evangelium Christi Zeugnis abgelegt hat, haben es mir gleich berichtet. Da ich eben zur Linderung meines Kopfwehs Pillen genommen, konnte ich nicht selbst hingehen. Aber alles, was zur körperlichen Pflege des Kranken nötig war, ist treulich und sorgfältig besorgt worden. Zur Pflege wurde eine Frau geholt, die beider Sprachen kundig war und früher schon Pestkranke gepflegt hatte. Sie nahm auch noch ihren Schwiegersohn zu Hilfe, da sie allein für die Arbeit nicht genügte. Grynäus hat ihn öfters besucht. Ich auch, sobald es mir meine eigene Gesundheit erlaubte. Als unser du Tailly sah, dass ich die Gefahr nicht fürchtete, wollte er sie mit mir teilen. Gestern waren wir lange bei ihm. Da schon sichere Anzeichen des kommenden Todes da waren, spendete ich ihm Trost mehr für die Seele als für den Leib. Er redete schon ein wenig irre, doch noch nicht sehr; denn er rief mich wieder in seine Kammer zurück und ersuchte mich, für ihn zu beten; er hatte mich nämlich von der Frucht des Gebets reden hören. Heute um die vierte Morgenstunde ging er zum Herrn ein. Über seinen Genossen, der an derselben Krankheit darnieder liegt, können wir noch nichts Bestimmtes sagen. Gestern schien es mir, er trage Anzeichen an sich, die auf Besserung hoffen lassen; aber ich fürchte, diese Nacht könnte ihm geschadet haben. Denn wenn er auch in einer andern Schlafkammer lag und einen eigenen Wärter hatte, so konnte er doch Alles hören, was seinem Freunde wiederfuhr. Ich hoffe, ihn heute wieder zu sehen. Der gute Goldschmied ist, weil er mit den Pestkranken umgegangen war, von seinem Meister entlassen worden. Ich habe ihn mit einer Empfehlung nach Straßburg geschickt, damit er dort Stellung finde. Höre, wie es mit dem Nachlass deines Neffen steht. Der Schwiegersohn der Alten, die ihn pflegte, behauptet, er habe ihm alle seine Kleider (es ist aber sehr wenig), vermacht; aber das sieht nicht nach Wahrheit aus; es hätte denn mitten in den Fieberphantasien geschehen sein müssen, in denen er die ganze letzte Nacht lag. Einen Degen und ein Wams hatte er noch bei Wolf. Gewiss weiß ich, dass er keinen Heller bei sich hatte, als ihn die Krankheit befiel. So habe ich ausgelegt, was zum Unterhalt des Kranken und zur Bestattung des Toten nötig war. Doch fürchte ich, dass ein bisschen Geld, das nach meiner Vermutung noch übrig sein musste, irgendwie bei Seite gebracht worden ist. Ich schreibe dir das so eingehend, weil ich glaube, so berichten zu müssen, damit dir nichts unbekannt bleibt. Wolf, sein Hauswirt, der mir heute früh das Alles berichtete, glaubt, es sei Schwindel, dass er noch seine Kleider dem Wärter vermacht habe. Er ist ein rechtschaffener Mann und hat ein ehrliches Benehmen. Lebwohl, bester trefflichster Bruder.

Basel, 20. August in Eile.

Dein Calvin.

Calvin, Jean – An Farel in Neuchatel (24).

Farel war nach Neuchatel berufen worden und von Basel aus rasch dorthin gereist; bei Professor Grynäus waren Calvin und Farel täglich ein- und ausgegangen.

Erste Anfragen von Straßburg.

Die Gnade des Herrn sei mit dir.

Der Mann, der dein Reitpferd hierher zurückbrachte, hatte mir versprochen, in drei Tagen wiederzukommen. Nach fünf Tagen gab ich es auf, länger auf ihn zu warten und begann, mich nach einem andern Boten umzusehen. Denn ich dachte, sobald dir mein Schweigen länger vorkomme, als billig ist, werdest du es mir als Nachlässigkeit und Faulheit anrechnen. Während ich mir diese Gedanken machte, erschien mit einem Male dieser Bote, der mir zwei Tage vor seiner Abreise sein Weggehen anzeigte. Nun zu deinem Brief. Da du mir befohlen hast, dich bei Grynäus deines unhöflichen Weggehens wegen ausführlich zu entschuldigen, hab ich mit allem Eifer dir gehorcht. Beim Essen erzählte ich dem Grynäus, falls er etwa aus deinem langsamen Reisen [nach der raschen Abreise] schlösse, du seiest unhöflich, so hätte ich aus deinem Brief gesehen, dass du nur durch den Regen in deiner anfänglichen Eile aufgehalten worden seiest. Ich las dann deinen Brief vor und tat von mir aus noch dazu, was sich für eine ernstliche Entschuldigung gut zu machen schien. Es war aber bei ihm eine solche Rechtfertigung so unnötig, dass er deine unzeitgemäße Ängstlichkeit jedenfalls sehr artig aufgenommen hätte, wenn ihn die Geschäfte, in denen er jetzt ganz drinsteckt, nicht überhaupt gehindert hätten [darauf zu achten]. Wohinaus unsere Nachfolger schließlich wollen, glaube ich aus ihrem Beginnen schließen zu können. Da sie in ihrer Wut nun schon jeden Schein friedlicher Verständigung vernichtet haben, so glauben sie nur das als bestes noch tun zu müssen, dass sie uns durch Schmähungen herunterreißen und so uns beim ganzen Volk und bei den Einzelnen verhasst machen. Wir aber, da wir wohl einsehen, dass sie nicht ohne Gottes Zulassung so schmähen, sind nicht im Zweifel darüber, wohin der Wille des Herrn damit zielt. Wir wollen uns also demütigen lassen, damit wir nicht Gott, der unsere Demütigung will, widerstreben. Indessen wollen wir seinen Tag erwarten: denn rasch wird welken der Kranz des Übermuts der Trunkenen in Ephraim [Jes. 28]. Ich wünschte, Ihr machtet euch meinetwegen nicht so viel Mühe. Seit deiner Abreise habe ich ernstlich drüber nachgedacht, ob es etwa gut wäre, rasch weggerufen zu werden. Denn ich kann nicht sagen, wie mich die Furcht quält, die Leute, die nach ihrer Art uns fürchten müssen, weil sie ein schlechtes Gewissen haben, möchten glauben, wir hätten nun absichtlich einen passenden Platz besetzt, um uns für das uns widerfahrene Unrecht zu rächen, und möchten sich deshalb zu neuen Kämpfen rüsten und nicht ruhen, bis sie irgendeine neue Unruhe zu unserm Sturz erregt haben. Bin ich aber weg, so kann ein solcher Verdacht nicht so leicht aufkommen. Denn so boshaft wird doch keiner sein, dass er denkt, wir hätten irgendwelche großen Pläne bei dieser Schlichtheit unseres Vorgehens. Wenn du mir hierin noch nicht zustimmst, so wollen wir die Sache hinausschieben, bis entweder keine Hoffnung auf die Zusammenkunft mehr ist, die die Straßburger zu erstreben fortfahren, oder bis sie, wenn sie zustande kommt, uns durch ihren Ausgang zeigt, was zu tun ist. Das aber bitte ich dringend im Namen Gottes von dir, dass du nichts über mich beschließest, ohne mir vorher Meldung davon gemacht zu haben. Aus Butzers Brief siehst du, welcher Meinung er ist. Einen andern hat er an Grynäus geschrieben, den zu lesen ich noch keine Gelegenheit hatte. Ich vermute aber stark, er wolle auch jetzt noch, ich solle mich dorthin zurückziehen. Das tue ich aber nicht, wenn mich nicht eine stärkere Notwendigkeit zwingt. So viel ich merken konnte, hat der, den du kennst, dort in der ehrgeizigsten Weise versucht, sich mit Hilfe seiner guten Beziehungen einen Weg zum Predigtamt zu bereiten. Er ließ nämlich gelegentlich Worte fallen, die mehr vermuten lassen, als was sie sagen wollen. Da er hoffte, ich werde nächstens von hier fortgehen, ermunterte er mich, etwas anzufangen, was ich dann bald ihm überlassen müsste. Er wusste noch nicht, was mit dir verhandelt werden sollte, und ich habe darüber auch tüchtig geschwiegen. Er sagte: Tut es dir nicht leid, vor einer solchen Menge [von Hörern] zu schweigen? Würde dir wohl hier keine leere Kirche zur Verfügung stehen? Ich antwortete: Es wären auch hier im Hause Hörsäle, die nicht übel passen würden. Er wollte aber durchaus etwas Öffentliches. Er aß nur einmal mit uns, dann wollte er gleich durch meine Vermittlung in die Tischgenossenschaft des Grynäus aufgenommen werden. Keine Ausrede nützte etwas; er fuhr immer aufdringlicher fort, bis ich schließlich seiner Unbescheidenheit mit den Worten des Grynäus Halt gebot. Den Besitzer des Reitpferdes habe ich bezahlt; deine übrigen Aufträge vollzogen. Grynäus grüßt dich freundschaftlich, und bittet dich, es seiner vielen Arbeit wegen zu verzeihen, wenn er dir selbst jetzt nicht schreibt. Auch Oporin, Stagneus und du Tailly. Die beiden letzteren sind von hier abgereist. Der Herr behüte dich und segne, was du unternimmst, mit der Kraft deines Geistes. Du wirst verzeihen, dass ich Capitos Brief las und dir ihn wieder neu gesiegelt schicke. Butzers beide Briefe schicke zurück oder bewahre sie gut auf, je nach deinem Gutdünken, vielleicht kann man sie noch brauchen. Grüße nicht nur nach deiner Freundlichkeit, sondern wirklich in meinem Namen alle unsere Brüder, besonders die du weißt, dass ich sie meine. Wenn du willst, dass wir dir schreiben, so sorge, dass wir Boten von dir bekommen.

Basel, den 4. August 1538.

Dein Calvin.

Nachträglich habe ich noch Butzers Brief gelesen. Er mahnt darin dringlich, wir dürften nicht beieinander bleiben. Sonst, fürchtet er, möchten wir beide uns gegenseitig zu dem antreiben, wozu wir schon allzu sehr Neigung hätten. Er wünscht deshalb auch, ich möchte dorthin kommen, damit nicht mein reizbares Temperament allzu oft durch schlimme Gerüchte verwirrt werde.