Calvin, Jean – An Mykonius in Basel (128)

Die so genannte Pestverschwörung in Genf, an die auch Calvin fest glaubt, ist eine Ausgeburt des Hexenwahns, den auch die Reformation nicht überwand. Papst Paul III. hatte an Karl V. eine väterliche Ermahnung zur schärferen Bekämpfung der Ketzerei geschrieben, die Calvin mit bissigen Bemerkungen herausgab.

Von der Pestverschwörung und der Verfolgung in der Provence.

Meinen besten Dank, dass du mir mitgeteilt hast, was du vom Kaiser und vom Reichstag hörtest. Dass du meinen Brief aus Versehen aufmachtest, verzeihe ich dir nicht, weil es gar keine Sünde war. Hier sucht uns der Herr erstaunlich heim. Denn vor kurzem wurde eine Verschwörung von Männern und Weibern entdeckt, die seit drei Jahren die Pest in der Stadt verbreiteten, durch ich weiß nicht welche Giftmischerei. Obwohl fünfzehn Weiber verbrannt, einige Männer noch grausamer hingerichtet worden sind, einige im Kerker selbst den Tod suchten, noch fünfundzwanzig gefangen gehalten werden, hören sie doch nicht auf, jeden Tag die Haustürschlösser mit ihren Salben zu bestreichen. Sieh, in welcher Gefahr wir schweben. Gott hat bisher unser Haus unversehrt erhalten, obwohl es schon mehrmals angegriffen wurde. Gut ist nur, dass wir uns in seinem Schutze wissen.

Lebwohl, trefflicher Mann und sehr verehrter Bruder.

Genf, 27. März 1545.

Der Überbringer, ein dir nicht unbekannter Edelmann, wird dir erzählen, wie große Nöte unsere Brüder in der Provence drücken. Weil ich weiß, dass dir ihre Rettung, wie sichs gehört, am Herzen liegt, so bitte ich nur, dass du dich, wenns Zeit zum Handeln ist, ihnen gegenüber als den Mann bewährst, als den wir dich kennen. Vor allem beschloss man, die Sache Butzer zu melden, damit er bei seiner Obrigkeit frage, ob man etwa günstigen Einfluss auf den König von Frankreich ausüben könne.

Grüße deine Frau und alle Freunde angelegentlich

Dein

Johannes Calvin.

Den ersten Bogen meines Buches schicke ich dir. Die Antwort auf die Schrift des Papstes ist hier gedruckt worden. Ich denke, sie wird in den Buchhandlungen aufliegen. Ich habe noch kein ganzes Exemplar zur Hand.

Luther, Martin – An Johann Friedrich wegen Margaretha Staupitz

G. v. f. ym herren vnd mein arm pater noster, amen. Durchleuchtigster, hochgeborner furst, gnedigster herr. Es hat mir die gute alte matron Margaretha v. Staupitz diesen ingelegten brief zugeschickt, darin e. k. f. g. vernemen werden, was yhr als einer verlassen, alten widwen widerferet. Nu sie mich denn so hoch ermanet, durch doctor Staupitz, welchen ich rhümen mus, (wo ich nicht ein verdampter, vndanckbar bepstlicher esel sein wil) das er erstlich mein vater yn dieser lere gewest ist vnd yn Christo geboren hat, derhalben ich mich schuldig erkenne, allen denen zu dienen, welchen ers von mir foddern wurde, wo er itzt hie lebete, so ist mein gantz vnterthenigste bitte, E. k. f. g. wolten yhr diese gute matron lassen befolhen sein vmb des doctor Staupitz vnd meiner vorbitt willen. Vnfreundlich ists, dass yhr blutfreunde (wie sie klagt) solten so mit yhr faren, so man doch armen widwen solte wol mehr forderung denn hinderung thun. E. k. f. g. werden sich wol wissen gnediglich zu erzeigen. Hiemit dem lieben gotte befolhen, amen. 27. MArtii, da vnser herr Christus auferstanden ist, nach der sonnenlaufft 1545.

E. k. f. g.
vntertheniger
Martinus Luther, D.

Dr. Martin Luthers Briefwechsel mit vielen unbekannten Briefen und unter vorzüglicher Berücksichtigung der De Wette’schen Ausgabe Herausgegeben von Dr. C.A.H. Burkhardt Grossherzogl. und Herzogl. Sächs. Archivar Leipzig Verlag von F. C. W. Vogel 1866

Staupitz, Margaretha – An Martin Luther

26. März 1545

Mein armes gepeth zuuor, achtbar wirdiger, lieber her doctor Martinus, meinem besundern guten freund bitte ich arme elende verlassene fraw vmb gotteswillen vnd der obersten vmb gerechtigkeyt willen, Ir wollet mir arme, elende fraw hulf vnd beystendigk sein, wenn ich von aller welt verlassen bin, von freunden vnd kindern vnd woldet s. ch. f. g. vleissig vor mich bitten, dass s. ch. f. g. mir einen beystand vnd hulf thun wolt vber mein veterlich vnd mutterlich gerechtigkeyt, die ich hab mit grosser muhe vnd vnkost mussen gewinnen vber Heinrich von Lundenau vnd Eberth von Lundenau, der den jungen vormunden ist, dass sie mir alles das veterlich vnd mutterlich gerechtigkeyt innen behalten haben, das mir vor gott het geburet, gar nichts bekummen, dass ich grosse muhe vnd vnkost darauf mussen legen, dass ich mehr dann driethalbhundert gulden daruber vorczeret hab, dass ich arme, elende fraw grossen nodt vnd elend habe mussen leiden vnd grosse verfolgung darzu von etlichen zu Wurtzen, mich aus den stuben in der kirchen gestossen, mich geschendet vnd gelestert haben, dass ich solchs nie vmb sie vordienet hab vnd seind mir alle schreiber vnd bothenleufer vnd fur verpoten wurden, dass ich alleczeit daruon vorhindert bin worden, dass ich nehst Dinstag eine meyl weges habe gegangen, dass ich keinen schreiber nach fuhr und botenleufer hab konnen bekommen, dass mir ßo groß vnd elend vnder augen steust. Nach einmal bith ich vmb gottes vnd der gerechtigkeyt willen, Ir wollet doch ßo freundlich vnd hulflich sein, dass ich dach das bekommen mochte, dass mir vor ch. f. g. vnd furstlich hofericht gemacht vnd zugesprochen ist von den herren des hofengerichts, dieweyl Ir ßo guth eins seyth gewesen mot doctor Staupitz vnd mit meinem juncker, den goth beide gnad, vnd wollet mir dieß gepeth nocht vorsagen vnd wollet die beluhnung von goth nehmen vnd bith eine freuntliche antwort, dormit seyt goth, dem almechtigen befolen sampt Euer liebes weyb, meine liebe gefatter. Datum eylends aus Wurtzen, Dornstag nach Marie vorkundigung Anno Domini 1545.

Margaretha Staupitzin
nachgelassene wietfraw.

Dr. Martin Luthers Briefwechsel mit vielen unbekannten Briefen und unter vorzüglicher Berücksichtigung der De Wette’schen Ausgabe Herausgegeben von Dr. C.A.H. Burkhardt Grossherzogl. und Herzogl. Sächs. Archivar Leipzig Verlag von F. C. W. Vogel 1866

Calvin, Jean – An Viret in Lausanne (127).

Hektor, ein sonst unbekannter Mann, wollte französische Psalmen mit Melodien herausgeben; der bekannte französische Dichter Clement Marot hatte früher schon auf Calvins Rat Psalmen in Verse gebracht zu Volksweisen. Girard ist ein Genfer Buchdrucker. Weggelassen sind ein paar Sätze, die sich auf Virets Empfehlung des Hektor beziehen. Über Ribit, Celio und Imbert vgl. 102.

Über französische Psalmen.

Das eine, was Hektor bat, erreichte er bei mir ohne Mühe, nämlich, dass wir uns über sein Werklein deinem Urteil fügen wollten. Verzeih also, wenn ich dir diese Mühe mache. – –

Mit Girard habe ich noch nicht gesprochen. Wenn Hektor mit ihm [über den Druck] zu einem Vertrag kommt, soll an uns die Sache kein Hindernis haben. Ich hätte freilich lieber gehabt, er hätte sich dran gemacht, andere Psalmen zu übersetzen, als gerade die, die von Marot auch schon übersetzt sind. Aber das steht der Veröffentlichung seines Werkes auch nicht im Wege. Er zeigte mir nicht nur sein Buch, sondern sagte auch, er habe einige [noch ungedruckte] Melodien; auch darüber bat er mich, das Urteil dir zu überlassen. Ich mahnte ihn nur, er solle nirgends gar zu grob mit Fürsten und Obrigkeiten umspringen; weil ich mich erinnerte, dass vor etwa sieben Jahren irgendetwas Derartiges von ihm ausgegangen ist. Du wirst aber leicht merken, wenn etwas darin steht, was besser nicht weiter herum kommt.

Aus Deutschland ist nichts zu melden. An einigen Orten in Frankreich toben die Antichristen wieder. In Lyon ist das Wüten nicht weiter gegangen, als dass ein paar Leute gefangen gehalten werden. Die Mehrzahl ist durch Flucht [der Gefahr] entgangen. Der Herr recke seine Hand aus zur Rettung der Frommen! Wenn du kommst, wollen wir über alles das miteinander reden. Lebwohl, liebster Bruder. Der Herr behüte dich. Grüße Ribit, Celio, Imbert und die anderen angelegentlich, samt deiner Familie.

Genf, 15. März 1545.

Dein

Johannes Calvin.