Melanchthon an Kurfürst August von Sachsen

1554 den 24. October.

Gotte gnad durch seinen Eingebornen Son Jhesum Christum vnsern heiland vnd warhafftigen helffer zu uor, Durchleuchtister hochgeborner Gnedigster churfurst vnd herr, Ecfg sende ich In vnterthenikeit mein Einfaltig bedenken In beygelegter Zettel, dabey ich aber Ecfg weiter anzeige, das ich dise sorg habe, solten die wirtebergischen predicanten, vnd wir andre zusamen khomen, vnd sie wurden yhre vorige antwort schutzen owollen, die villiecht die Sechsischen anfechten wurden, so wurde grösser vneinikeit volgen, Item so die Sechsischen vnd Turingschen nicht dabey weren, vnd wurde ettwas concludirt, das yhnen nicht gefellig were, so wurden sie noch mehr gezenkes anfahen.

So habe ich auch vernomen, das die Rädte zu weimar dise antwort vor diser zeit geben haben, Der KEiser habe sie gesichert der relligion halben, wie sie jetzund sind, so sie sich nu mit andern einlassen wurden, zu den Synodis zu schiken, wurde der keiser solches verstehen, alß wolden sie ettwas anders furnemen rc, Darumb wollen sie zu solchen Synodis niemand senden, Dises bericht ich vntertheniger meinung, vnd bedenkhe Ecfg khonne dadurch die schikung abschlagen, das zu vormuten sey das andre fursten vnd Stend nicht geneigt sind Synodos zu halten, Doch stelle ich dises alles In  Ecfg hoher bedenken, vnd will mich gehorsamlich halden, In vnterthenikeit

Ecfg sende ich In vnterthenikeit Ein Buch von den keiseren, mit Contrafact die vleissig gemahlet sind vnd nach gemacht auß den alden guldin vnd silbern muntzen

Item Dabey, die heubtartikel christliche lehr, newlich widerumb getrukt, darinn die lehre vonn den Personen der Gottheit trewlich erkleret ist, Der allmechtige Son Gottes Jhesus Christus der yhm gewißlich Ein Ewige kirchen Im menschlichen geschlecht, durchs Euangelium vnd nicht anders, samlet wolle Ecfg vnd Ecfg gemahel, vnd den Jungen herrn gnediglich erhalden In gesuntheit, Zu gutem der christenheit, datum 24 Octobris 1554

Ecfg  vntertheniger diener Philippus Melanthon.

Zeitschrift für die historische Theologie
herausgegeben von Dr. theol. Christian Wilhelm Riedner
Neunundzwanzigster Band.
NEue Folge. Dreiundzwanzigster Band.
Gotha.
Friedr. Andr. Perthes.
1859

Calvin, Jean – An Pierre Toussaint in Montbeliard

Nr. 420 (C. R. – 2032)

Pfarrer Toussaint hatte sich bei Calvin verteidigt: obwohl er gewünscht hätte, Servet wäre das Leben und damit Gelegenheit zur Buße gelassen worden, so sei er doch bei weitem nicht dessen Anhänger; in Montbeliard sei es auch nicht deswegen zu Streitigkeiten unter den Pfarrern gekommen, sondern wegen der Sakramentsfrage; der anticalvinische Diakon war Gerard Guillemin; dagegen ist ungewiss, wer der mit N. bezeichnete Theologe ist.

Über mancherlei Meinungsverschiedenheiten.

Ich bin, lieber Bruder, nicht so verdrießlicher Natur, dass ichs nicht auch einem Freunde leicht verzeihen kann, wenn er mir ein ganzes Jahr nicht schreibt; weil ich in dieser Freundespflicht selbst nicht gar eifrig bin, oder doch wenigstens, während ich mich mit Fremden abgeben muss, zuweilen den besten Freunden nicht leisten kann, was ich ihnen schulde. So genieße ich denn ganz gern die gegenseitige Erlaubnis zum Nichtschreiben. Hätte mich also nicht ein Verdacht in andrer Beziehung gequält, so hätte ichs ruhig hingenommen, keinen Brief von dir zu erhalten. Übrigens gab es manches, was mich ärgerte, das will ich nicht verschweigen. Über Eure Zwistigkeiten hatte keiner deiner Brüder mir persönlich geschrieben; von andern wurden Klagen darüber vor mich gebracht. Ich habe mich auch nicht weiter ins Mittel gelegt, als dass ich durch dieselben Boten anriet, was zu Frieden und Eintracht dienen konnte. Meine Ratschläge waren sicherlich der Art, dass darin ebenso wohl unserer Freundschaft Rechnung getragen, als Christo und der Kirche ein treuer Dienst geleistet war. Deshalb brauche ich sie weder zu bereuen, noch darfst du mich deswegen schelten. Frage doch bitte nach; es ist nichts von mir ausgegangen, was du nicht durchaus billigen müsstest. Wäre ich doch nur mit deinen Kollegen vertrauter gewesen! Die Sache wäre, glaube ich, sofort erledigt gewesen. Indessen las ich deinen Brief an Farel, aus dem ich merkte, dass du gegen mich aufgebracht bist, oder doch von schlimmem Verdacht angesteckt. Er war voll Zorn und Ärger über diejenigen, die du, wie du jetzt schreibst, von mir unterstützt wähntest. Weshalb hast du denn, wenn du meintest, ich hätte unsere Freundschaft verletzt, dich nicht gleich bei mir beklagt? Doch das habe ich alles still für mich behalten und ließ nicht das geringste Zeichen von Beleidigtsein merken. Nur tat es mir weh, dass du dich unserer brüderlichen Gemeinschaft entzogest. Was deine Meinung über die Duldung von Ketzern ist, erfuhr ich von verschiedener Seite. Du urteilst so, weil du ruhig im Schatten sitzest. Hättest du selbst ernstlich kämpfen müssen, du hättest vielleicht deine Ansicht geändert. Doch wissen es die Freunde, wie ruhig und freundlich ich es damals entschuldigte, dass du uns wenig gnädig warest. Wiewohl N. heute anderer Meinung ist als wir, so hat er doch, weil er sonst ein aufrichtiger Diener Christi, von wirklich warmer Frömmigkeit beseelt, und ein rechtschaffener, maßvoller Mann ist, nicht aufgehört, unser Freund zu sein. Ich werde ihm also deswegen nicht lästig fallen. Dass du aber, nachdem du unsere Rechtfertigung gelesen, – wenn du nämlich geruht hast, sie zur Hand zu nehmen, – in deinem Urteil nicht milder geworden bist, wundert mich etwas.

Freilich, dass du ein Schüler Servets seiest, wer hat je davon nur geträumt? Alles andere wäre mir glaublicher, als dass du von solchem Wahnsinn ergriffen wärest. Ich glaube gar nicht, dass dein Ruf in dieser Hinsicht nur durch ein Wörtlein angetastet war. Wer sollte es dir aber nicht auch schon als Fehler anrechnen, dass du deinen Diakon nicht nur mir und der reinen Lehre widersprechen, sondern offen die wahnwitzigen Ideen Servets lärmend verteidigen ließest? Ja, um es offen zu gestehen, es wurde mir auch schon gesagt, über die ewige Prädestination Gottes denkest du nicht richtig. Wenn ich auch fürchtete, es sei etwas daran, so habe ich doch stets von dem Gerede weniger geglaubt, als ich zu meinem bittern Schmerz hören musste. Obschon ich nun so glaubte, es geschehe mir von dir in mancherlei Weise Unrecht, so habe ich doch keinen Lärm gemacht; vielmehr zog ich es vor, in stillem Gram diese Schmach hinunterzuwürgen, als das Band unserer alten Freundschaft oder amtsbrüderlichen Gemeinschaft zu zerreißen.

Und nun bitte ich dich, lass mich wenigstens schweigen [dir gegenüber], da ich sonst schon ebenso schmählich wie feindselig geplagt werde. Wüsstest du nur ein Zehntel von dem, wie ich mit furchtbaren Beschuldigungen geschmäht werde, so beweintest du in deiner Menschlichkeit mein Elend, gegen das ich ganz abgehärtet bin. Von allen Seiten bellen mich die Hunde an. Überall schilt man mich einen Ketzer. Was sich an Verleumdung nur erdenken lässt, wird auf mich gewälzt. Schließlich befehden mich die Neider und Hasser aus unserm Lager noch feindseliger, als die offenen Feinde aus dem Papsttum. Das habe ich aber weder um die Kirche Gottes, noch um sie verdient, dass sie mir so ungerechten Lohn auszahlen müssten. Dass nun von Euch her noch mehr dazu käme, das habe ich nicht befürchtet. Deinen Diakon meine ich, den du durch deine Nachsicht doch eigentlich nicht hättest unterstützen dürfen, da er ebenso gottlos gegen die reine Religion sich auflehnte, als falsch einen Unschuldigen verlästerte. Und doch, ich verlange nicht mehr, als dass du mir erlaubst, seine Schmähung einfach still hinzunehmen [ohne antworten zu müssen]. Wie treu und makellos du Christo gedient, wie tapfer du dein Amt verwaltet, wie standhaft du Leiden und Kämpfe, mit denen dich der Herr heimsuchte, ertragen hast, dafür bin ich dir Zeuge, und ich vertraue auf dich, dass du auch zukünftig dir stets gleich bleibst. So wünsche ich nichts mehr, als dass das Wohlwollen zwischen uns gewahrt bleibe und wir umso munterer, ehrlicher und eifriger fortfahren, uns gegenseitig zu helfen. Lebwohl, trefflicher Mann und verehrter Bruder. Der Herr sei stets mit dir, er leite dich und segne dein Wirken. Meine Kollegen lassen dich vielmals grüßen.

Genf, 15. Oktober 1554
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Gianpaolo Alciato in Genf.

Gianpaolo Alciato, ein Verwandter des berühmten Juristen (vgl. Nr. 1) lebte als Refugiant in Genf.

Taufe vor der Gemeinde.

Den Rat, den unser vielgeliebter Bruder, Herr Gianpaolo, von uns verlangt, gedachten wir am besten schriftlich zu erteilen, damit diejenigen, die der Fall angeht, besser benachrichtigt werden können. Wenn ein Mensch, der unter der Tyrannei des Papsttums lebt, sich aber des herrschenden, befleckenden Götzendienstes enthält, wünscht, seine Kinder Gott rein darzubringen und sie nach der richtigen Vorschrift des Evangeliums taufen zu lassen, so ist das ein frommes, löbliches Bestreben. Denn es ist tatsächlich ein großes Elend, wenn ein solcher von Gott uns verliehener Schatz, wie unsere Kinder, gleich, nachdem wir ihn empfangen, besudelt wird von dem Aberglauben, den die Menschen mit der heiligen Taufe vermengt haben. Doch muss eins vor allen Dingen beobachtet werden. Weil dies Sakrament die feierliche Aufnahme in die Kirche Gottes ist, oder etwa das Zeugnis unseres himmlischen Bürgerrechts, das alle besitzen, die Gott zu Kindern angenommen hat, so darf die Taufe nicht vollzogen werden, es sei denn in Gegenwart der Gläubigen. Dazu ist freilich kein öffentliches Gotteshaus nötig, aber es muss wenigstens eine kleine Herde versammelt sein, die die Kirche darstellt, und der Taufende muss als Pfarrer anerkannt sein. Denn taufte man ein Kind im Verborgenen ohne Zeugen, so entspräche das weder der von Jesu Christo eingesetzten Ordnung, noch dem Brauch der Apostel. So ist also erforderlich, dass das Kind getauft wird in einer Gemeinschaft, die sich dauernd von der Befleckung des Papsttums getrennt hat.

Trifft dies bei den uns genannten Leuten zu, und sind sie geneigt, sich im Namen Gottes zu versammeln, wenn auch noch nicht in großer Masse, sondern nur in kleiner Zahl, so bitten wir Gott, er möge sie stärken in dem guten Streben, das er ihnen verliehen hat, sich samt ihrer Nachkommenschaft Gott, unserm Vater, und Jesu Christo, unserm Erlöser, zu weihen. Erkennen wir dann, dass es so gut ist, so werden wir, wie es unsre Pflicht ist, uns bemühen, ihnen einen guten, geeigneten Mann zur Ausübung des Pfarramts zu verschaffen.

Den 11. Oktober 1554.
Im Namen aller seiner Brüder
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (418).

Vgl. 407 u. 416.

Über die Schrift gegen Westphal und die Anklage gegen Zebedee.

Bei der Verteidigung unseres Consensus, die ich dir hier sende, wirst du dich vielleicht über meine Kürze wundern. Ich habe dafür keinen Grund, als dass es mir nicht gut schien, um eine Sache, die schon so oft und so ausführlich behandelt worden ist, mehr Worte zu machen. Es hätte vielleicht einen Mittelweg gegeben; aber da ich vor Euch reden sollte, hat mich eine gewisse Scheu zur Knappheit gezwungen. Freilich, so zusammengedrängt meine Darstellung ist, so glaube ich doch, die Hauptsache ganz umfasst zu haben. Wenigstens habe ich mit Wissen nichts weggelassen, was mir der Erwähnung wert schien. Ich habe mir aber sehr Mühe gegeben, bei der Polemik gegen ein paar ungelehrte Leute niemand von denen zu verletzen, die man mit Nutzen als Freunde behält. Wenn ich auch nicht jeden billigen, geneigten Leser für uns gewinne, so wird uns doch gewiss, hoffe ich, auch niemand entfremdet. Wiederum bin ich über die paar Gegner scharf hergefallen, um an ihnen nebenbei vielen andern einen Schrecken einzujagen. Eins fürchte ich: du wirst zuweilen finden, ich gewähre ihnen mehr, als recht ist. Doch habe ich das absichtlich getan, damit, wenn sie sich nochmals auflehnen, ihr Eigensinn umso hässlicher dasteht, die uns beipflichtenden Gelehrten aber, die, wie ich sehe, zur offenen Stellungnahme nicht den geziemenden Mut haben, einen günstigen Vorwand dafür bekommen. Doch überlasse ich dies Eurem Urteil. Billigt Ihr mein Werk, so verhandelt mit den übrigen, wenn Ihr nicht etwa mir teilweise Veränderungen empfehlt. Bis du mir schreibst, was ich tun soll, will ich ruhig warten.

Sieh, während ich es in deinem Auftrag unternehme, die gemeinsame Sache zu verfechten, schreit dieser windige Geselle Jerome [Bolsec] überall aus, ich sei gerade in diesem Punkte ein Ketzer. Von den Amtsbrüdern der Nachbarschaft begünstigen die einen die giftige Bestie, andere hetzen sie noch auf, andere treten in offenen Bund mit ihr und toben auf der Kanzel wider mich, andere schweigen. Schreibst du einmal nach Bern, so mahne doch Haller mit einem Wörtlein, damit er, der bisher träger als recht war, mich nicht länger so schmählich und furchtbar behandeln lasse. Wir sandten jetzt einen unserer Kollegen nach Bern, um unsere Klage vorzubringen. Auf den Erfolg sind wir ängstlich gespannt. Über unsere sonstige Lage wird dir der erlauchte Überbringer, Herr Marchese di Vico, berichten und Dir zugleich erklären, weshalb er diese Reise unternommen hat. Lebwohl, hochgeachteter Mann und stets verehrter Bruder. Die Herren Gwalther, Pellikan, Zwingli und die übrigen Brüder, auch deine Schwiegersöhne und Töchter grüße vielmals von mir. Auch meine Kollegen lassen dich grüßen. Der Herr sei stets mit Euch, er leite Euch mit seinem Geiste und lasse Euch zunehmen an Segen.

Genf, 6. Oktober 1554.

Calvin, Jean – An den Rat in Bern

Nr. 417 (C. R. – 2020)

Vgl. 416.

Anklage gegen Zebedee, Bolsec und Lange.

Hochedle, mächtige und sehr achtbare Herren, mit ergebenster Empfehlung und Angebot unserer Dienste bitten wir um Entschuldigung, wenn wir zu Ihnen unsere Zuflucht nehmen, um uns über das schmählich maßlose Gerede zu beklagen, das in Ihrem Land gegen uns geführt wird, nicht so sehr, weil wir persönlich verleumdet werden, sondern weil dadurch das Evangelium, ja das ganze Christentum, der Schmach und dem Spott ausgesetzt wird. Sie wissen, gnädige Herren, dass wir Sie bisher nie mit Klagen bedrängt und belästigt haben, nicht sowohl, weil wir nicht oft guten Grund gehabt hätten, Sie auf die zu Unrecht über uns ausgestreuten Verleumdungen aufmerksam zu machen, als weil wir lieber schwiegen, als Ihren gnädigen Herrschaften Mühe und Verdruss zu machen. Nun, da uns die Not zwingt, den Mund aufzutun, hoffen wir umso freundlicheres und leichteres Gehör zu finden, wie auch, dass Ihre Gnaden uns nicht nur willig Ihr Ohr leihen, sondern auch dem Übel steuern, das Ihnen vorzubringen wir für gut befinden.

Es handelt sich hierbei nicht um unsere Personen; denn wären wir unrechter Weise geschmäht worden, so stünden uns wie jedem in Ihrem ganzen Lande die Gerichte offen. Weil aber die Leute, über die wir zu klagen haben, sich ausdrücklich gegen die von uns vertretene Lehre wenden, die ja nicht in weltlichem Prozess und Gerichtsverfahren verhandelt werden darf, so haben wir gedacht, es sei das Beste, zu Ihren Exzellenzen unsere Zuflucht zu nehmen. Es ist ja unnötig, hochedle Herren, Ihnen nachzuweisen, welche Schmach und Schande auf das heilige Evangelium fällt, wenn Prädikanten und andere Untertanen des Standes Bern die Prädikanten von Genf Ketzer schelten, denn Sie sehen das zur Genüge in Ihrer Klugheit. Bestände tatsächlich ein Unterschied in der Lehre, so müsste man im Blick darauf, wie wir von den Feinden des Glaubens belauert und angebellt werden, Vorsicht und Mäßigung walten lassen, um ihnen das Maul zu stopfen. Da uns aber Gott die Gnade erwiesen hat, dass wir, hier wie dort, vereint sind in guter Übereinstimmung, so zeigen die paar Leute, die gegen uns schreien und wettern, nicht nur, dass sie nichts wollen als Verwirrung und Ärgernis, sondern dass sie geradezu Brandstifter sind zur Zerstörung der heiligen Eintracht, die Gott unter uns geweckt hat. Ihre Prädikanten [der Stadt Bern] sind durch Gottes Gnade einig untereinander. Erkundigen Sie sich bei ihnen, wie sie es mit uns sind; denn wenn sie Ihnen nicht erklären, dass eine aufrichtige Bruderliebe und eine so friedliche Übereinstimmung, wie man nur wünschen kann, unter uns herrsche, so wollen wir nicht verlangen, die Gunst Ihrer Exzellenzen zu erhalten. Erklären sie Ihnen aber (und wir sind sicher, sie werden es tun), dass unter uns kein Span noch Widerspruch ist, so kann Ihnen das ein deutlicher Beweis sein, dass unsere Verleumder nicht Ihrer Exzellenzen Ehre, Nutzen und Ruhe suchen. Unsererseits dürfen wir behaupten, dass wir stets gesucht haben, nach der Wahrheit Gottes mit allen Ihren Pfarrern einig zu sein, so dass wir mit der Bitte, unsere Sache in die Hand zu nehmen, nichts fordern, als dass Sie die Ehre Gottes und ebenso Ihre eigene Ehre wahren.

Der Fall, in dem wir Sie einzugreifen bitten, ist folgender. In einer Versammlung der Pfarrklasse von Morges hat einer in Gegenwart vieler Leute unsern Bruder, Mag. Johannes Calvin, so verleumdet, dass ein allgemeines Gerede im Land ist, Calvin sei als Ketzer verurteilt, wie auch dieser Ausdruck damals mehrfach gebraucht wurde. Ferner hat der Prädikant von Nyon, Zebedee, bei Anlass der Doppelhochzeit des Sohns und der Tochter des Herrn de Crans von der Lehre gesprochen, die wir vertreten und bereit sind, mit unserm Blute zu versiegeln, und hat in seiner Predigt gesagt, sie sei eine Ketzerei, schlimmer als das ganze Papsttum; die, die sie predigen, seien Teufel, und es wäre besser, an ihrer Stelle die Messe zu behalten. Unterdessen schilt ein gewisser Jerome [Bolsec], der, wie Sie wissen, seiner Irrlehren wegen aus der Stadt Genf verbannt ist, unsern genannten Bruder Calvin unbedenklich einen Ketzer und Antichristen. Erwägen Sie, hochedle Herren, ob wir solche Dinge mit Stillschweigen übergehen dürfen, ohne Verräter an Gott zu werden, der uns, wie St. Paulus sagt, geboten hat, nicht nur die zu ermahnen, die sich lehren lassen, sondern auch die Widersprecher zu strafen [Tit. 1, 9]. Deshalb hoffen wir, dass Sie als treue, christliche Obrigkeit uns in solcher Sache die Hand bieten und nicht zulassen, dass die Kirche Gottes unter Ihrem Schutz zerstört und das Evangelium darob geschmäht werde. Ja, da wir uns wohl hüteten, Unruhe und Aufregung zu stiften, sondern uns friedlich an Sie wendeten, so wird schon der Blick auf diese Tatsache Sie dazu bringen, dem Übelstand zu abzuhelfen, dass Gott dadurch gepriesen, das Ärgernis gehoben, die Frechheit derer, die nichts wollen als alles durcheinander bringen, unterdrückt wird.

Dann werden wir, durch Ihre Gerechtigkeit und gute Justiz erfreut, uns umso mehr verpflichtet fühlen, für Ihre Wohlfahrt Gott zu bitten, wie wir jetzt schon ihn anflehen, er möge Sie in seiner heiligen Hut halten, Sie leiten durch seinen heiligen Geist in aller Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit, so dass die Macht, die er Ihnen gegeben, zu seiner Ehre diene.

Genf, 4. Oktober 1554.

Wenn Sie, hochedle Herren, geruhen, zu näherer Erläuterung der Tatsachen Befehl zu geben, so sind wir bereit, alles hier Geschriebene zu beweisen, wiewohl gar keine Untersuchung nötig sein wird, da das Gerücht davon sich überall verbreitet.

Ihre untertänigen Diener, die Diener am Wort Gottes in der Genfer Kirche

Johannes Calvin. Michel Cop.
Abel Poupin. De St.-André.
Francois Bourgoing. Jean Fabri.
Raymond Chauvet.