Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (757)

Nr. 757 (C. R. – 4092)

Über die geplante Reise des Königs nach Lothringen vgl. 752. Bernard Bochetel, Bischof von Rennes, sollte die Tochter des römischen Königs Maximilian II. für Karl IX. werben.

Bericht von Krankheit und Politik.

Wegen meines langen Schweigens brauche ich nicht um Verzeihung zu bitten, verehrter Bruder, denn von andern weißt du, dass ich eine gute Entschuldigung für mein Säumen habe, die auch heute zum größten Teil noch andauert. Zwar die Schmerzen in den Lenden haben sich gelegt, aber die Lungen sind so verschleimt, dass mein Atem nur schwer und kurz geht. Auch sitzt schon seit zwölf Tagen ein Blasenstein in der Harnröhre und macht mir viel Not; besonders bedenklich und ängstigend ists, dass er bisher mit keinem Mittel wegzubringen war. Das beste Mittel wäre Reiten; aber ein Geschwür in den Hämorrhoidal-Gefäßen tut mir sogar schon beim Sitzen und Bettliegen sehr weh, geschweige, dass ich das Geschütteltwerden beim Reiten ertragen könnte. Auch die Gicht macht mir seit drei Tagen Beschwerde. Da wirst du dich nicht wundern, dass mich so viele Schmerzen faul machen. Man bringt mich kaum dazu, etwas zu essen; der Wein schmeckt bitter. Aber ich wollte dir zu lieb schreiben und bringe nichts vor, als was dich langweilen muss.

Beza hat mir versprochen, dir von den Verhältnissen Frankreichs zu schreiben; so lasse ich das, um nicht bereits Verhandeltes nochmals zu verhandeln. Nur eine geheimnisvolle Sache will ich berühren. Du hast schon früher vernommen, der König reise nach Lothringen. Der Grund wurde selbst dem Hofe verheimlicht; neulich ist er mir aber von einem diplomatischen Unterhändler offenbart worden. Der Gesandte des Königs, der beim Kaiser ist, (er war früher noch als Abt von St.-Laurent einmal bei Euch), hat der Königin-Mutter im Auftrag König Maximilians große, herrliche Hoffnungen gemacht, indessen mit der Forderung, die Königin solle nicht dergleichen tun, als hege sie Hoffnung. Damit will er ohne Zweifel dem Kardinal von Lothringen einen Gefallen tun; denn dieser, in seinen andern Hoffnungen getäuscht, hält nun das für den einzigen Ausweg, die Sache mit solchen Umschweifen in die Länge zu ziehen. So scheint diese Reise keine andere betrügerische oder verräterische Absicht zu Grunde zu liegen, als dass er der Königin-Mutter falsche Hoffnung machen und sich so einschmeicheln will, damit allerlei Dinge unternommen werden, die doch nicht zur Ausführung kommen. Denn dass Bochetel den Namen König Maximilians missbraucht, ist ziemlich klar dadurch, dass er in kindischer Weise die Königin-Mutter mahnt, alles zu verhehlen und zu verbergen.

Nun nimmt mir der Husten und die Atemnot die Stimme, [dass ich nicht mehr diktieren kann]. Also lebwohl, verehrter Bruder, samt Herrn Gwalther, den andern Kollegen und deinem ganzen Haus. Der Herr erhalte Euch alle gesund, mache Euch mehr und mehr reich an seinen Wohltaten und unterstütze Euch mit seiner Kraft. Mit einer Darstellung unserer hiesigen Verhältnisse will ich mir nicht umsonst Mühe machen.

Genf, 6. April 1564.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (752).

Nr. 752 (C. R. – 4052)

Orleans war ein Hauptstützpunkt der Hugenotten gewesen und hatte deshalb seit dem Krieg eine Besatzung von katholischen Schweizer-Söldnern gehabt (vgl. 744). Der Connetable de Montmorency war Colignys Oheim; das Pariser Parlament hatte Coligny seinerzeit zum Tode verurteilt; die Guisen hielten ihm gegenüber die Klage aufrecht, er habe Poltrot zum Mord des Herzogs de Guise gedungen.

Allerlei gute und böse Nachrichten aus Frankreich. Politische Pläne.

Seit ich dir schrieb, verehrter Bruder, hat sich folgendes Neue begeben. Als im königlichen Rat fast nur Gegner waren, wurde in einem Anfall von Wahnwitz der Beschluss gefasst, die Befestigungen von Orleans schleifen zu lassen. Der Kommandant begann damit, einige Türme zu zerstören und die Gräben mit den Trümmern füllen zu lassen. Hat aber das Gerücht recht, so empfinden die Urheber des unheilvollen Entschlusses bereits Scham und Reue über ihren Wahnwitz. Dasselbe hatten sie für viele andere Städte beschlossen unter dem alleinigen Vorwand, es sei nicht gut, wenn feste Plätze im Land seien außer den Grenzfestungen zur Abwehr äußerer Feinde.

Prinz de Conde hat sich seit einem Monat vom Hof entfernt aus Zorn, weil die Königin-Mutter die Heirat seines Sohnes mit der Tochter des [Marschalls] de St.-Andre listig im Ungewissen zu halten suchte. So wirft er Christi Sache von sich und lebt nur für sich und seine Interessen. Freilich, wie sich niemand um seine Versöhnung Sorgen macht, so wird auch wie gewöhnlich seine Entrüstung bald von selbst verfliegen.

Nun will ich erzählen, welcher Bericht vorgestern kam. Der Admiral kam, dem König seine Aufwartung zu machen, und wurde sehr freundlich empfangen; dann zog er mit sehr großem Geleit nach Paris. Der Connetable, um seine Neider zu ärgern, kam in sein Hotel und begleitete ihn nach dem Essen ins königliche Schloss. Dort wohnte er einer Beratung bei, in der die wichtigsten Dinge verhandelt worden sein sollen. Die Guisen packten ihren Hausrat zusammen und zogen in ein anderes Stadtviertel. Durch den Herzog de Nemours ließen sie unterdessen der Königin-Mutter sagen, sie wunderten sich, dass dem Admiral ein solch naher Umgang mit ihrem Sohn gestattet werde. Sie gab zur Antwort, er sei ein alter Diener des Königs, und es sei kein Grund, ihn fernzuhalten; auch gefalle es dem König nun einmal so. Aber es sei für alle Platz genug, sie seien also auch eingeladen zu kommen. Doch geschah das nicht. Das Parlament schickte eine Abordnung um Fürbitte zum Connetable, dass er seines Neffen Sinn umstimme; ebenso taten der Bürgermeister und die Stadträte. Der König hatte im Sinn, vor das Parlament zu treten und den Admiral dabei mitzunehmen. Wir werden bald hören, welchen Ausgang dieses Vorgehen genommen hat, auf das die Unsern große Hoffnung setzten. Es wurden am Hof noch erwartet der Prinz de St.-Porcien und der Herzog de Bouillon, der Sohn de la Marches und Urenkel jenes bekannten Robert, die beide erbitterte Feinde der Guisen sind. Der Kanzler, der auf unsrer Seite steht, fasst jetzt wieder Mut nach seiner bisherigen Furchtsamkeit. Der König sollte unter dem Vorwand eines Besuchs bei seiner Schwester, die kürzlich niedergekommen ist, von seiner Mutter nach Lothringen geschleppt werden, und diese Athalia war so hartnäckig darauf versessen, dass aller Widerstand umsonst war. Jetzt soll aber auch dieser Reiseplan geändert worden sein.

Die allgemeine Stimmung neigt zum Friedensschluss mit England. Damit brächen dann alle Ränke des Kardinals von Lothringen zusammen. Der dem Namen nach mündige König wird ganz von fremdem Einfluss beherrscht, und das geradezu sklavisch. Hätte er etwas Wagemut, er stünde uns gar nicht fern. Welche Frechheit in der Unterdrückung der Unsern bei allen Justizbeamten herrscht, kannst du kaum glauben. So werden denn Unschuldige jämmerlich geplagt, und die Frechheit wächst, da sie straflos bleibt. In Orleans ist wenigstens eins nach Wunsch gegangen: die Besatzung ist von dort und andern Orten zurückgezogen worden. So will ich dich bei Zeiten erinnern, Euren Nachbarn, die bald heimkommen werden, eine Wegzehrung rüsten zu lassen.

Nun komme ich zu einer überaus ernsten Sache, und ich möchte, du lenktest darauf deine Aufmerksamkeit und deinen Eifer. Du weißt, es steht nun der Zeitpunkt der Erneuerung des [französisch-]schweizerischen Bündnisses bevor. Wenn nun Euer Rat dazu zu bringen wäre, eine Allianz mit dem König zu schließen, so hätte das den einen Vorteil, dass dadurch das Evangelium in Frankreich gefestigt würde. Ich weiß nicht, ob du von der Verschwörung seiner Feinde gehört hast. Sie meinen, durch die Ausschreibung eines Nationalkonzils leicht und rasch alle evangelischen Kirchen über den Haufen werfen zu können, weil sie dann alles nach ihrem Gutdünken beschließen und auch gleich ausführen könnten. Unterdessen rüstet sich der Papst im Bund mit Spanien, Venedig, den italienischen Fürsten und Savoyen zur völligen Vernichtung Genfs und der Ausrottung unser aller. Die Guten fürchten nun, wenn man dem nicht Einhalt tue, so sei die Königin-Mutter nur allzu geneigt, dieser Partei zu helfen. Das beste und fast einzige Mittel dagegen wäre, wenn die evangelischen Orte der Eidgenossenschaft ein Bündnis mit Frankreich schlössen, in dem die Schonung der evangelischen Kirchen Frankreichs und ihrer Freiheit ausbedungen wäre. Zu erreichen wäre das ohne Schwierigkeit. Wenn Euer Rat darin voranginge, so schlössen sich ihm auch die drei andern evangelischen Orte an. Und nicht nur für Frankreich und für uns [in Genf] wäre es ein Vorteil, wenn der König verpflichtet würde, die evangelischen Kirchen in ihrem jetzigen Zustand zu sichern, sondern auch für Euch wäre es das allerbeste, um Eure [katholischen] Nachbarn im Zaum zu halten; denn deren Übermut würde dadurch gebrochen, und der Sturm müsste sich legen. Ich beschwöre dich also, verehrter Bruder, bei Gott und aller Gläubigen Seligkeit, vergiss die vielen Bedenken, die sich dagegen erheben könnten, und gib dir Mühe, dieses Bündnis zustande zu bringen, das allein das Evangelium in Frankreich heil und unversehrt erhalten und den Ränken der Bösen das Tor sperren kann. Du siehst, wie ganz einfach ich davon mit dir rede; was du von der Sache hältst, möchte ich sehr gern wissen. Das eine wage ich frei heraus zu sagen: weigert sich Eure Obrigkeit, so ist sie wirklich vor Gott und Menschen eines Verbrechens schuldig. Doch ist es vielleicht gar nicht nötig, besonders darauf zu dringen, wenn sie einsehen, nicht nur, welch heilige Pflicht es ist, die bedrohten Kirchen von aller Furcht zu befreien, sondern auch, wie sehr es in ihrem eigenen Interesse ist, den König zum Schutz des Evangeliums so zu verpflichten, dass er sich dieser Aufgabe nicht entledigen kann. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Grüße alle deine Kollegen angelegentlich von mir, wie auch meine Kollegen Euch grüßen lassen. Der Herr sei mit dir; er helfe dir mit seiner Kraft und erhalte dich noch lange gesund.

Genf, 2. Dezember 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (747).

Nr. 747 (C. R. – 4034)

Vgl. 662, 744.

Genf und Frankreich.

Da unser lieber Beza versprochen hat, dir zu schreiben, will ich dich nicht durch Wiederholung derselben Dinge ermüden, verehrter Bruder, und lasse deshalb die französischen Angelegenheiten beiseite. Hier [in Genf] sind wir in großer Angst, denn wir sehen, wie unsre Stadt wie eine Spieltafel oder ein Würfelbrett behandelt wird. Wir haben mehrmals unsere Nachbarn [in Bern] gebeten, uns zu raten. Sie haben dann jeweils knapp und kühl geschrieben, was verhandelt worden sei, und auch davon nur das, was schon jedermann durch das allgemeine Gerede wusste. Neulich hat man, obwohl man wusste, dass unsre Gesandten nach Bern kamen, ihnen auch nicht mit einem Worte gesagt, wie sich unsre Obrigkeit zu verhalten habe. Unser Rat aber wagte, da ihm die Verhandlungen unbekannt blieben, nicht offen sich drein zu mischen oder besser dagegenzuwirken. Dieses unser Schweigen haben dann wieder die, die mit Savoyen unterhandeln wollten, missbraucht, indem sie behaupteten, wir hätten heimliche Pläne und unterhielten Gesandte am französischen Hof, die je nach Ausfall der Sache einen Vertrag mit Frankreich schließen sollten. Durch dieses falsche Gerede bei den Unkundigen verdächtig, wurden wir nicht geziemend berücksichtigt. Es wundert mich ja nicht, dass es unter dem geringen Volk Leute gab, die sich durch eine solche frei erfundene Verleumdung uns entfremden ließen. Aber was kam dir in den Sinn, so blöden Lügen zu glauben? Wenn du in Sorge bist, Frankreich könne uns durch Schmeicheleien in sein Netz locken, und unsern Stadtrichter Roset mahnst, sich das Beispiel des Metzer Rates zu Herzen zu nehmen, so tust du das zwar als Liebesdienst eines treuen, aufrichtigen Freundes, aber merken hättest du doch müssen, aus welcher Quelle diese Geschichte stammt, wenn nicht etwa ich und Beza dir verdächtig sind. Aber wir dürfen deutlich erklären, dass man so etwas nie beschlossen hat und auch nie von Frankreich dazu versucht worden ist. Ich gehe noch weiter: es ist die Sache auch nie nur erwähnt worden, ja nicht einmal der Gedanke daran kam uns. Ich will allerdings nicht verschweigen, dass ich vor zwei Jahren mit dem Admiral verhandelt habe, ob etwa ein Bündnis des Königs mit Bern möglich wäre unter der Bedingung, dass er sich verpflichtete, den Bernern ihren heutigen Besitzstand zu garantieren. Doch wollte ich damit nur verhüten, dass je Gelüste nach Genf entstehen könnten, und das wäre auch die beste Art gewesen. Du brauchst dich also weiterhin nicht mehr in grundloser Furcht quälen, bis du von uns erfährst, entweder Frankreich selbst habe etwas Derartiges im Sinn, oder Genf sei so ängstlich geworden, dass es sich unbesonnen der französischen Hilfe in die Arme würfe. Übrigens werden die Tatsachen bald jenes falsche Gerücht widerlegen. Unterdessen aber sollst du wissen, dass Eure Gesandten mit allem Eifer darauf drangen, dass die Berner Freiheit und Bestand Genfs dem Urteil der eidgenössischen Orte überlassen sollten. Was heißt das aber anders, als uns der Erdrosselung ausliefern? Sie haben aber wenigstens soviel erreicht, dass die Berner alle früheren Beschlüsse zurücknehmen. Nun sind wir wieder ganz ungewiss und in der Schwebe, woraus ich schließe, dass man dir und andern frommen Leuten viel verheimlicht hat. Eure Gesandten auf der Tagsatzung zu Baden waren ja sogar so freundlich, den Unsern jede Teilnahme an ihren Verhandlungen zu verbieten, nur um nicht selbst in bösen Verdacht zu kommen. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder, samt deiner Frau, deinem ganzen Haus und allen Kollegen. Der Herr erhalte Euch alle gesund, halte Euch aufrecht mit seiner Kraft und segne Euer Wirken.

Genf, 9. Oktober 1563.
Dein Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (745).

Nr. 745 (C. R. – 4020)

Antistes Sulzer von Basel, der stark zum Luthertum neigte, hatte in Straßburg das Augsburgische Bekenntnis unterschrieben und damit großes Ärgernis in allen Schweizer Kirchen gegeben; der französischen Gemeinde in Straßburg hatte man ihre Kirche genommen (vgl. 732). Stanislaus von Zykow, Burggraf von Krakau, hatte Calvin um Auskunft über einige Fragen der Trinitätslehre gebeten.

Über Sulzers Luthertum. Das Ende der französischen Gemeinde in Straßburg. Misstrauen gegen Polen.

Eins ist mir vorgestern entfallen: wegen Sulzer. Hätte Eure Obrigkeit Mut gehabt, so hätte sofort eine Zusammenkunft angesetzt werden müssen, damit alle andern Bundesgenossen von den Baslern energisch Rechenschaft gefordert hätten in einer ehrlichen, offenen Darlegung ihrer Meinung. So wäre der Fuchs ins offene Feld gezogen worden. Dass Ihr darin so säumig waret, wundert mich. Denn wenn dieser Streitgegenstand nicht geschont wird, so bricht er bald in offenen Brand aus. Bern, Schaffhausen und St. Gallen sind ganz einig mit Euch, so dass nicht der geringste Widerspruch zu befürchten ist. Wenn also die Pfarrer dieser Städte von Sulzer verlangten, er solle sagen, was er wolle, so müsste er entweder die überstürzte Unterschrift, zu der ihn bloß der Ehrgeiz trieb, schmählich zurücknehmen oder wenigstens aufdecken, was dahinter steckt. Denn wenn ich mich nicht sehr irre, hatte er andere Absichten. Wenn Ihr ihm nicht entgegentretet, so werden sicherlich die Gegner zu Eurer Schmach prahlen, die Schweizer seien bereits unter sich gespalten. Marbachs Unverschämtheit hat schon soweit den Sieg davon getragen, dass den Franzosen [in Straßburg] ihre Kirche geschlossen worden ist. So ist das Gemeindlein, das fünfundzwanzig Jahre lang in Blüte stand, nun unter dem wütenden Angriff dieser Bestie zusammengebrochen. Sturm und Hotman reden dem [französischen] Pfarrer zu, er solle sich zu einer vermittelnden Auskunft herbeilassen. Sie wollten dazu auch meine Zustimmung; aber ich habe geantwortet, wie mirs die Wahrhaftigkeit vorschrieb. Den Brief des Herrn Stanislaus, dessen Geschlechtsnamen ich in seiner Handschrift nicht lesen konnte, werde ich beantworten. Wäre ich nicht nochmals dazu aufgefordert worden, so hätte ich vorgezogen, zu schweigen; denn diese ganze Nation ist mir jetzt verdächtig, weil nur ganz wenige aufrichtig handeln. Da ich aber höre, dass seine Kinder deine Pensionäre gewesen sind, so will ich ihm die Gefälligkeit nicht abschlagen. Meine Antwort lass ihm dann, bitte, zukommen. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Allen Kollegen viele Grüße.

Genf, 12. September 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (744).

Nr. 744 (C. R. – 4018)

Bullinger meldete Calvin, dass in den katholischen Nachbar-Kantonen für Frankreich geworben und dabei sehr mit den Heldentaten der guisischen Schweizertruppen geprahlt werde. Bern stand in Verhandlungen mit Savoyen wegen Zurückgabe des eroberten savoyischen Gebietes; am 25. April 1563 hatte in Basel eine Tagung stattgefunden, bei der die Eidgenossen, die reformierten Orte eingeschlossen, erklärt hatten, sie würden das von den Bernern eroberte Gebiet ihnen nicht verteidigen helfen; so sah sich Bern genötigt sich zur Auslieferung der drei Vogteien Thonon, Ternier und Gex zu entschließen, wogegen ihm die Waadt gesichert werden sollte; die Teilung kam durch spanische und französische Vermittlung am 30. Oktober 1564 endgültig zustande.

Von den Schweizern in Frankreich, der Mündigkeit des Königs und der savoyischen Gefahr.

Wenn sich Eure Nachbarn so frech aufspielen und rühmen, so wundert es mich, dass Ihr Euch durch solchen Lärm aufregen lasst und ihn nicht vielmehr verachtet und für nichts haltet. Denn man weiß in ganz Frankreich nicht, wo sie solche Heldentaten verrichtet hätten. Zwei Fähnlein liegen in Orleans als Besatzung. Einige von ihnen, die im Schlafe lagen, haben die Unsern aufgeweckt, doch ohne Blutvergießen. Bisher blieben sie ruhig dort und sind eben energisch damit beschäftigt, Trauben zu vertilgen wie hungrige Drosseln. Die, die an der Belagerung Le-Havre-de-Grace teilnahmen, haben sich, durch die frühere Niederlage vorsichtig geworden, gar nicht in den Bereich der Geschosse gewagt. Die Franzosen, die viel kühner vorgingen, sind scharf zurückgeschlagen worden, und als sie Laufgräben angelegt hatten, ließen die Engländer große Wassermassen darein strömen, die sie wegschwemmen sollten; es gab einen schweren Verlust. Seither wurde der Kampf nur mit dem schweren Geschütz geführt, bis das Pulver ausging. Da das den Engländern versteckt werden konnte, wurden sie zur Übergabe gezwungen. Indessen beginnt der Krieg sicher wieder von neuem; denn auf beiden Seiten werden Gesandte gefangen gehalten wider das Völkerrecht. Sieh, was Eure Nachbarn da ausposaunen können! Vor den Truppen, die, wie du meldest, in Luzern angeworben werden, fürchten sich die Unsern nicht. Könnten diese Truppen nicht auch gegen unsere Feinde ausgerüstet werden? Denn es missfällt dem königlichen Rat, dass sie auf eigene Kosten in Deutschland werben lassen, und es ist ihnen strenge untersagt worden, damit fortzufahren. Auch wird die Entdeckung einer frevelhaften Verschwörung ihren Einfluss brechen. Indessen kämpft die Königin-Mutter mit höchstem Eifer um die Mündigkeit ihres Sohnes. Er ist kaum über das dreizehnte Altersjahr hinausgekommen und hat sich trotzdem vor dem Parlament von Rouen majorenn erklärt in Übereinstimmung mit seiner Mutter und den Prinzen, unter denen als erster der Herzog d´ Orleans aufgezählt wird, ein elfjähriges Knäblein. Du siehst, wie der alte Glanz Frankreichs zum Gespött geworden ist! Die Pariser nehmen diese Mündigkeitserklärung nicht an, und das mit Recht. denn es bestehen zwar sieben oberste Gerichtshöfe in Frankreich, aber sechs sind nur dazu da, Recht zu sprechen. Allein das Pariser Parlament hat bisher auch politische, auf ganz Frankreich bezügliche Dinge behandelt; freilich, sollte es nach der Ordnung gehen, so müssten sogar die drei Reichsstände eingeladen werden. Wie dem auch sei, der König wird aller Natur zuwider marjorenn und erhält das Recht zu dieser Erklärung, das nach dem Gesetz für andere auf der Entscheidung des Königs beruht, nur von sich selbst. Seit seinem Einzug in Paris hat er vor, die Tollheit des aufrührerischen Volkes zu bändigen. Der Connetable verteidigt zäh das Edikt, das unsern Kirchen Freiheit und Sicherheit verspricht, und ist der Meinung, es müsse Geltung bekommen.

Wegen des Augsburgischen Bekenntnisses brauchen wir nicht so sehr in Angst zu sein; denn die Versuche, es Frankreich aufzudrängen, sind umsonst, weil niemand von den Papisten es annehmen will und auch die Unsern es energisch verwerfen. Dass aber unsere Sorglosigkeit keinen Schaden anrichte, dafür haben wir uns Mühe gegeben und werden es auch weiterhin tun.

Aber wie stehts indessen bei Euch? Für sich selbst sorgt Euer Rat wie immer und meint, er könne sein Land unangetastet erhalten, auch wenn alle andern zu Grunde gingen. Verzeih, wenn ich scharf rede, weil Euer Rat wirklich noch nicht das geringste Zeichen gegeben hat, dass ihn die Forderungen der Zeitlage ernstlich bekümmern. Die Berner wenigstens beklagen sich gewiss, dass in den Beratungen gar kein Eifer um das Gemeinwohl zutage getreten sei. Wenn heute dem Savoyer die drei Vogteien zurückgegeben werden, so sind wir von allen Seiten eingeschlossen und können, fern von aller Hilfe, leicht überrumpelt werden. Der Savoyer wird sich auch mit diesem Teil nicht zufrieden geben, sondern dann unbedenklich auch den andern in Anspruch nehmen, damit es sich auch eher verlohnt, Krieg zu führen. Aber wenn wir dadurch in die größte Gefahr kommen, so will ich doch nicht verlangen, dass Ihr uns berücksichtigt, sondern nur, dass Ihr der allgemeinen Gefahr Rechnung tragt. Nochmals, verzeih mir, aber bis Eure Obrigkeit sich anders benimmt, muss ich glauben, sie wolle zu unserm Unglück auch noch ihr Teil beitragen. Aber Gott lässt uns wohl so von den Menschen verlassen werden, damit wir lernen, unser Herz zu ihm zu kehren und an ihm festzuhalten. Lebwohl, berühmter Mann und verehrter Bruder. Der Herr erhalte dich lange gesund; er leite dich auch fernerhin und segne dein Wirken. Ich lasse alle Kollegen vielmals grüßen.

Genf, 9. September 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (743).

Nr. 743 (C. R. – 4007)

Das bisher noch von den Engländern besetzte Le-Havre-de-Grace hatte sich am 28. Juli den Franzosen ergeben. Louise de Crussol, geb. de Clermont, war Ehrendame der Katharina von Medici. Francois de Hangest, Sieur de Genlis, war von der hugenottischen Partei zu den Guisen übergegangen. Bullinger hatte Calvin geschrieben, Kurfürst Friedrich von der Pfalz wünsche keine Bücherwidmungen von ihm, um dem Schlagwort Calvinismus auszuweichen (vgl. 737); Kaspar Olevianus war Professor in Heidelberg.

Nachrichten vom französischen Hofe.

Wenn ich dir zuweilen auch einiges Unwichtige schreibe, so fürchte ich doch nicht, dir zu missfallen, denn ich habe dabei nur den Vorsatz, dir zu gehorchen. Dass Le-Havre-de-Grace durch Übergabe in die Hände der Franzosen gekommen ist, habt Ihr gewiss schon gehört. Die Franzosen haben nach ihrem Gutdünken eine Besatzung in die Zitadelle gelegt; auch wurden Geiseln gestellt dafür, dass die Englänger die Stadt auch wirklich verlassen und in ihr Land zurückkehren; Bedingung war gegenseitiger Austausch der erbeuteten Schiffe und Waffen. Seither kam aber schon die Nachricht, die Engländer hätten dem Vertrag entsprochen; so ist jetzt auch in der Normandie Friede, wenn die Königin von England nicht von sich aus den Krieg wieder beginnt, was aber sehr unwahrscheinlich ist. Jetzt, da unsere Königin-Mutter von dieser Furcht befreit ist, wird sie bald ihre wahre Gesinnung gegen uns offenbaren. Sicher ist, dass bisher infolge ihrer Treulosigkeit unsere Feinde sogar wagten, königliche Edikte einfach abzulehnen, die der Kanzler, der uns von Herzen wohl will, freigebig erlassen hatte; aber durch die geheimen Ränke der Königin-Mutter wird mit allem, was der Minister-Rat Gutes beschlossen hat, Spott getrieben. Vielleicht kann die Gattin des Grafen de Crussol sie noch umstimmen; früher konnte sie die Königin-Mutter wenigstens nach ihrem Gutdünken zu allem bringen, und sie ist eine tapfere Frau, die auf ihre Herrschaft nicht so bald verzichtet. Sie verspricht alles und wird hoffentlich auch etwas tun. Sobald Kardinal de Chatillon seinem Bruder, dem Admiral, anzeigt, es sei bei Hofe keine Gefahr mehr, wird dieser sich ihm anschließen. Der Admiral selbst schreibt, er sei zu ernstlichen Unternehmungen bereit; aber auf den Prinzen [de Conde] darf man nicht hoffen, denn er ist nicht nur schwach und feig, sondern auch ein eitler Narr, der ganz aufgeht in schändlichen Lüsten. De Genlis, der ihn doch durch heimliche Verräterei ins Unglück gebracht hat und schließlich schändlich zu den Feinden überging, steht in höchster Gunst; sein Bruder, der Bourges verraten hat, wird einer großen zahl der treuesten Freunde vorgezogen. Mit dem Herzog de Nemours ist er so vertraut, wie wenn der nie sein offener Feind gewesen wäre. Kurz, wenn de Conde nur sich im Schoß der Dirnen bergen kann, glaubt er König zu sein. Doch was man bei Euch von seiner Unterwerfung unter das Konzil von Trient erzählt, ist bloßes Gerede; denn er will durchaus nicht zugeben, vom evangelischen Glauben abgefallen zu sein. Es war eine Synode in Lyon angesagt, deren Abhaltung aber der König verboten hat. Schuld daran ist der Gouverneur, ein sonst ganz rechtschaffener, aber allzu ängstlicher Mann, der, weil er sich persönlich in acht nehmen wollte, die ganze Sache unmöglich machte. Wir haben den Brüdern geraten, was uns gut schien. Sobald sie uns berichten, was sie dazu meinen, wollen wir mit aller Macht danach streben, die Erlaubnis zu einer neuen Ausschreibung zu bekommen. Die Provence steht noch unter Waffen; in der Dauphine und Languedoc herrscht Ruhe; selbst von den Priestern und Mönchen haben viele bezeugt, sie wollten die Messe nicht mehr. Wenn ihnen niemand in den Weg tritt, werden sie also die Kirchen leer lassen.

Dein Brief mit der Mahnung, meine Vorlesungen über Jeremia dem Pfalzgrafen nicht zu widmen, kam zu spät, denn es war bereits geschehen. Ich hatte rechtzeitig unsern Kaspar um Rat gefragt und weiß nicht, weshalb er nicht geantwortet hat. Übrigens, wenn die Sache Anstoß erregt hat, so ist das leicht wieder gut zu machen; ich mache mir keine große Sorge, dass ich keine gute Aufnahme fände. Lebwohl, hoch berühmter Mann und verehrter Bruder. Der Herr erhalte dich gesund und segne dein Wirken. Allen Kollegen viele Grüße.

Genf, 12. August 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (736).

Nr. 736 (C. R. – 3981)

Herzog Henri d´ Orleans war der jüngere Bruder König Karls IX. von Frankreich und späterer Nachfolger Heinrich III. Anne d´ Este, die Witwe des ermordeten Francois de Guise, hatte mit ihrem Sohn Henri noch am Hof gelebt. Poltrot, der Mörder de Guises, hatte im Verhör Coligny, Beza und den hugenottischen Grafen de la Roche-Foucauld der Mitwisserschaft bezichtigt.

Allerlei aus Paris. Colignys Verteidigungsschrift.

Seit ich dir neulich schrieb, ist keine neue Nachricht aus Frankreich gekommen, außer der, dass Gott durch zwei Knaben ein ernstes Spiel begonnen zu haben scheint. Der Herzog d´ Orleans, durch den Übermut des jungen de Guise beleidigt, stach ihn mit einem Pfeil, den er eben in der Hand hielt; der lief gleich zur Mutter, sie zur Königin-Mutter, die dem Sohn sein Tun mit sanften Worten verwies und ihn aufforderte, dem jungen de Guise nun auch zu verzeihen. Da antwortete der Herzog gerade heraus, nichts solle ihn dazu bringen, ihn nur wieder anzusehen, und nicht nur er sei ihm verhasst, sondern die ganze Familie, die das Verderben Frankreichs sei. So sah sich die Mutter genötigt, ihn vom Hofe wegzubringen; aber zu Paris hegt und entflammt sie noch die verrückte Frechheit des Pöbels. Täglich gibt’s neuen Aufruhr; das Parlament hat gar keine Macht; die bewaffnete Menge stürzt ungestraft alle seine Urteile um. Das ist die allergerechteste Vergeltung, dass sich die Frechheit nun gerade gegen das Parlament wendet, das zuerst diese Straßenaufläufe veranlasste. Die Königin-Mutter ist uns so feind wir nur möglich. De Conde schweigt. Der Admiral entschuldigte sich, er wolle lieber zu Hause weiteres abwarten, als sich offenkundig in Gefahr begeben. Da er, der Graf de la Roche-Foucauld und Beza vom Mörder des Guisen als Mitschuldige genannt wurden, so haben sie gemeinsam eine Verteidigungsschrift herausgegeben, die sofort dem königlichen Rate vorgelegt wurde. Da sie aber damit noch nicht genügend alles Bedenkliche von sich abgestreift hatten, so hat der Admiral noch eine besondere Erklärung veröffentlicht. Wir senden ein gedrucktes Exemplar. Fände sich in Zürich ein guter Übersetzer, so wäre sehr zu wünschen, dass die Schrift auf nächste Messe deutsch ins Publikum käme. Das Buch wäre gut verkäuflich, so dass der Drucker nicht den geringsten Verlust zu befürchten hätte; doch tut Eile not. Wir vertrauen die Sache deiner und deiner Kollegen Klugheit an; hältst du es für gut die Schrift erscheinen zu lassen, so findet sich wohl auch die richtige Art und Weise. In Lyon ist noch alles ganz ruhig. Die Priester halten Maß, ja schmeicheln den Unsern sogar. Sie haben erst an einem Ort eine Messe gespielt bisher, dazu an einem ungeweihten Altar, da kein geweihter vorhanden war. In Montpellier, Nimes und anderen Städten sind die Unsern noch im Besitz der Kirchen, weil niemand von der Gegenpartei sie zurückzuverlangen wagt. In der Normandie wird Le Havre-de-Grace, das die Engländer besetzt haben, belagert.

Das ists, was ich eben der frühern Botschaft beizufügen habe. Ich bitte dich und Herrn Gwalther, lasst Euch den Druck der Verteidigung [Colignys] angelegen sein, wenn die Zeit noch reicht und ein guter Drucker sich anbietet. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Alle deine Kollegen grüße von mir und meinen Brüdern, wie auch deine Familie. Der Herr sei mit Euch; er leite Euch mit seinem Geiste und segne Euer Wirken.

Genf, 19. Juli 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (735).

Nr. 735 (C. R. – 3974)

Vgl. 728.

Von Calvins Krankheit und der Lage in Frankreich.

Die Gedankenlosigkeit eines guten, aber etwas unbedachten Mannes zwingt mich, dir diesen Brief in aller Eile zu diktieren; er wollte nämlich seine Söhne nach Zürich schicken und machte mich erst auf ihre Abreise aufmerksam, als sie sich eben aufmachen sollten. Ich bin jetzt einen großen Schmerz losgeworden, seitdem ich einen fast haselnussgroßen Blasenstein herausgebracht habe. Da mir die Harnbeschwerde sehr lästig war, war ich auf Rat des Arztes ausgeritten, damit das Schütteln hülfe, den Stein heraus schaffen. Als ich heimgekommen war, kam statt des Urins trübes Blut. Am nächsten Tag rutschte der Stein aus der Blase in die Harnröhre; das machte noch ärgere Schmerzen. Mehr als eine halbe Stunde versuchte ich, durch Schütteln des ganzen Körpers ihn loszuwerden. Ich erreichte nichts damit, bis ich warmes Wasser zu Hilfe nahm; die Harnröhre war im Innern ganz wund, so dass reichlich Blut floss. Jetzt scheint´ s mir, ich lebe erst wieder, seit ich zwei Tage Ruhe habe.

Von der Lage Frankreichs wollte ich mehr schreiben, wenn ich mehr Zeit hätte. In Lyon sind die Kirchen den Messpriestern zurückgegeben worden; nur vier durften wir für uns behalten; eine davon bekamen wir dazu nur durch List unter einem falschen Vorwand. Der früherer Gouverneur [d´ Agoult] ist zurückberufen worden, ein ruhiger, milder Mann, bei den Papisten verhasst, weil er uns begünstigt. Die Frommen fassen überall wieder Mut. An manchen Orten machen aber auch die Feinde noch Unruhe, und ihr Fanatismus freut sich an Brand und Mord. Sie werden schließlich so weit gehen, dass sie spüren werden, auch ihre jetzigen Gönner seien ihre unversöhnlichen Feinde geworden. Der Connetable wird von Tag zu Tag milder. Die Königin-Mutter schmeichelt zwar dem Prinzen, aber leichtfertig und gewandt, wie sie ist, erweckt sie uns keine, auch nicht die geringste Hoffnung. Wenn auch kein Funken von Ehrlichkeit in ihr ist, so erwiese sie sich doch gefällig, wenn sie sähe, dass sie es mit einem tapfern, hochherzigen Manne zu tun hätte. Das Pariser Parlament hat schließlich die Mitglieder, die geflohen waren, wieder aufgenommen; aber viele haben abgedankt, d. h. sich mit Geld losgekauft. Der Kanzler nimmt dies sehr übel; denn er möchte möglichst viele von unsrer Partei darin haben; so hat er, soweit es in seiner Macht liegt, diese Abdankungen streng verboten. Der Admiral erholt sich noch auf seinem Schlosse; sein Bruder ist bei Hofe. Der Connetable ließ sich schließlich mit Mühe von dort losreißen, um seine Truppen gegen die Engländer zu führen. Wenn nicht bald eine Änderung eintritt, so ist nichts schändlicher als de Condes Schwäche und Feigheit. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. Der Herr erhalte dich gesund, mache dich stets reich an seinen Gaben und unterstütze dein Wirken. Grüße alle unsere Kollegen angelegentlich; auch meine Kollegen, die eben bei mir sind und aus deren Gesellschaft ich mich ein wenig zurückzog, um dies zu diktieren, lassen Euch alle grüßen.

Genf, 2. Juli 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Dass das Luthertum nicht in Frankreich einschleiche oder eingeschleppt werde, darüber wache ich eifrig; das darfst du mir glauben. Das geeignetste Vorgehen schiene es mir, wenn jetzt ein von mir im Namen de Condes und der andern Führer geschriebenes Bekenntnis veröffentlicht würde, das ihn bei Treuwort und Ruf behaftete und auch versuchte, die deutschen Fürsten zu uns herüberzuziehen. Ich erwarte de Condes Antwort; der Admiral drängt ihn zur Unterschrift. Wenn wir sie ihm ablocken können, so gibt uns das gewonnen Spiel. Einstweilen ist die Lage der Kirchen besser, als man glaubte, und es herrscht größere Freiheit, denn es bleibt ihnen ihr Glaube selbst unangetastet; das dem König vorgelegte Bekenntnis samt dem Katechismus ist gestattet worden. Es ist schließlich noch ein ziemliches Durcheinander; aber es ist nicht zu befürchten, die Papisten nähmen die Augsburgische Konfession an, wenn man sie ihnen auch hundertmal aufdrängen möchte.

Da meine Vorlesungen zu Jeremia auf die nächste Messe erscheinen, habe ich im Sinne, das Buch dem Pfalzgrafen zu widmen. In der Vorrede will ich die Hauptpunkte des Zwistes kurz darstellen; es wird so kommen, dass sich dann Brenz gegen mich wenden wird.

Der Vater der Knaben, die dir diesen Brief überbringen, bittet mich, sie dir zu empfehlen. Er möchte dir keine Mühe machen, sondern meint nur, wenn du dich gelegentlich erkundigen wolltest, ob sie sich recht aufführen, und danach sehen, dass sie zu ihrer Pflicht angehalten werden.
Joinvilliers lässt dich ehrerbietig und herzlich grüßen.

Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (723).

Nr. 723 (C. R. – 3929)

Madame de Roye reiste in de Condes Auftrag nach Heidelberg, um den deutschen Fürsten für ihren Zuzug zu danken; dies meint Calvin wohl mit der Entlassung der Truppen. Weggelassen sind im Friedensvertrag einige Abschnitte, die nähere Bestimmungen für die zu erlassende Amnestie enthalten. Über die Reise des Kardinals von Lothringen vgl. 718.

Der Friede von Amboise.

So hat uns nun auch der zweite der Brüder [de Bourbon] schmählich verraten. Eidlich, – und er wollte es drucken lassen, – hatte er versprochen, nichts zu tun ohne Übereinstimmung der Genossen! Während er schon heimlich mit der Königin-Mutter unterhandelt, schreibt er dem Kommendanten von Lyon, er halte die Sache in der Schwebe bis zur Rückkehr des Admirals. Gleichzeitig aber gibt er bereits seiner Schwiegermutter Weisung, für die Entlassung aller Truppen zu sorgen, und gibt ihr die Versicherung, es sei bereits der Friede geschlossen. Das hat mir diese Frau, die für solche Dinge nicht schlau genug ist, brieflich gestanden, indem sie mich mit schönen Worten zu gewinnen suchte. Welche schönen Fortschritte de Conde mit einem Federstrich vernichtet hat, siehst du aus Bezas Brief; doch hat er nicht alles zu schreiben gewagt, da manches uns vor dem Bekanntwerden des bösen Friedensschlusses hätte die Waffen aus der Hand schlagen können. Die Herrschaft hat de Conde ganz verblendet; dabei glaubt er noch, Großes geleistet zu haben, da er sechs Herren seines Gefolges die Aufnahme in den königlichen Ritter-Orden erwirkt hat; über solche kindische Dinge triumphiert er. Möge Gott, wie er oft tut, in dieser Schwachheit seine Macht zeigen.

Folgendes sind die Hauptbedingungen des Friedens:

1. Alle Adligen, die Freiherrn sind und die hohe Gerichtsbarkeit oder Edellehen besitzen, sollen samt ihren Familien in ihrem Gebiete Gewissensfreiheit und freie Ausübung des von ihnen sog. reformierten Glaubens; ebenso ihre Untertanen, wenn diese freiwillig und ohne Zwang dabei sein wollen. Die Adligen aber, die keine Gerichtsbarkeit haben, sollen der gleichen Freiheit genießen für sich und ihre Familien, nur dürfen sie nicht in Städten, Flecken, Dörfern andern Gebietes wohnen; in diesem Fall dürfen sie ihren Glauben nur mit Erlaubnis ihrer Herren ausüben; der König aber gibt in dem ihm unmittelbar gehörenden Gebiet allen dieselbe Freiheit.
2. In jeder Provinz, die Appellationsbezirk eines Parlaments ist, wird eine Stadt bezeichnet werden, in deren Vorstädten allen Provinzgenossen, die dabei sein wollen, freie Religionsübung zugestanden wird, sonst aber nirgends. Wer aber bei sich zu Hause frei bleiben will, der darf keiner Belästigung ausgesetzt, keiner Untersuchung unterworfen und zu nichts wider sein Gewissen gezwungen werden.
3. In allen Städten, außer den bezeichneten, in denen bis zum siebenten dieses Monats die sog. reformierte Religion ihre Gottesdienste hatte, soll diese Religion auch fernerhin innerhalb der Mauern an ein oder zwei Orten ausgeübt werden dürfen; nur dürfen die Bekenner dieser Religion die Kirchen nicht für ihren Gebrauch in Anspruch nehmen. Dem katholischen Klerus soll all sein Gut zurückerstattet werden, dass er den Gottesdienst weiterführe wie vor den Unruhen; doch soll der Klerus um Zerstörtes nicht prozessieren.
4. Die Stadt Paris samt ihrem Gebiet bleibt frei von der Ausübung dieser Religion; doch sollen die dort wohnenden [Anhänger dieses Glaubens] ruhig ihres Gutes genießen dürfen und in Gewissenssachen weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft beunruhigt, gewaltsam gezwungen oder durch Untersuchung belästigt werden.
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7. Um den Herrn Prinzen de Conde, Generallieutnant und Gouverneur der Picardie, von aller Sorge zu befreien, dass er in Zukunft irgendwelchem gehässigen Tadel ausgesetzt sein könne, erklären und halten wir ihn für unsern lieben Vetter und Blutsverwandten und treuen Untertan des Königs, wie es seine Abstammung aus uns so nahe verwandtem Blute verdient; auch sollen alle Herren, Ritter, Adlige und Bürgerliche, auch Stadt- oder Dorfgemeinden oder wer in diesem Krieg auf seiner Stadt stand, wo sie auch gekämpft haben in diesen Unruhen, erklärt und gehalten werden als treue Untertanen des Königs; denn wir sind überzeugt, dass sie, was sie taten, getan haben in guter Absicht und in der Meinung, dem König zu gehorchen, weshalb sie alles Tadels ledig sein sollen.
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10. Alles Unrecht und aller Schaden, der in diesem Krieg entstanden ist, soll ausgelöscht, tot und begraben sein, und es wird jedermann, wes Standes er sei, bei Todesstrafe gegenseitige Beleidigung, Herausforderung zum Streit, Zank und Schmähung wegen Religionsfragen untersagt.
11. Die Bekenner der [sog. reformierten] Religion sollen jedem Bündnis entsagen, das sie eingegangen haben, sei´ s im Reich, sei´ s außerhalb der Grenzen; sie sollen ferner keine Schatzungen mehr halten, Listen führen und Steuern erheben, auch keine Versammlungen, Sitzungen und Zusammenkünfte mehr haben außer in Religionsfragen.

Amboise, 19. März 1563.
Eigenhändig gezeichnet: Charles.
Gegengezeichnet für den König in seinem Rat: Robertet.
Gesiegelt an doppelter Schnur.

Du siehst, bester Bruder, wie weit uns der Leichtsinn eines Menschen zurückgeworfen hat. Er hätte ohne Mühe erreichen können, dass die Königin-Mutter auf jede Bedingung eingegangen wäre; stattdessen hat er sich knechtisch zu jeder Unterwürfigkeit hingegeben. Nun warten wir ängstlich, was die Zukunft bringen wird; denn es sind starke Unruhen zu befürchten, die zu stillen im mein Möglichstes tun werde. Sobald Beza wieder hier ist, sollst du hören, was jetzt noch verborgen ist. De Nemours leidet an ständigen Fiebern so schwer, dass die Ärzte die Hoffnung auf sein Leben aufgegeben haben. Der Sekretär des königlichen Gesandten, der in Innsbruck war, als der Kardinal [von Lothringen] dorthin kam, erzählt, beim feierlichen Bankett habe man einen uralten, sehr weit ausgebauchten Kelch herum geboten, auf dem Verse eingraviert waren, die unsere Abendmahlslehre bestätigen, und der Kardinal sei von diesem Anblick so überrascht gewesen, dass er lange nichts zu sagen gewusst habe. Lebwohl, hochberühmter Mann und verehrter Bruder. In der Eile habe ich vergessen zu schreiben, dass ich heute zwei Briefe von dir erhielt, der zweite mit einer Bücherbeilage, für die ich dir danke. Deinen Kollegen allen, auch deinen Söhnen und Schwiegersöhnen viele Grüße, bitte. Der Herr erhalte Euch alle gesund. Genf, 8. April 1563.

Meine Kollegen und alle Freunde, unter ihnen vor allem Joinvilliers lassen grüßen.
Dein
Johannes Calvin.

Calvin, Jean – An Bullinger in Zürich (719)

Nr. 719 (C. R. – 3900)

Vgl. 716. Der schwer verwundete Sohn des Connetable war Gabriel de Montmorency; der Herzog de Nevers (vgl. 707) war zur katholischen Armee übergegangen. Louis de Vaudray, Seigneur de St. Phale, hatte auf hugenottischer Seite das Gefecht begonnen. Francois de Lorraine, der Bruder des Herzogs de Guise, war französischer Groß-Prior des Johanniter-Ordens. Über den Abfall des Adrets vgl. 716. Der Kardinal de Guise reiste von Trient nur für einige Tage nach Innsbruck. Baudouin wurde von Calvin beschuldigt, ihm Briefe entwendet zu haben. Mit dem Franzosen in Polen, der für die Antitrinitarier schrieb, ist wohl Pierre Statorius (vgl. 615, 627) gemeint. Christoph Threcius war ein in Genf studierender Pole.

Die Schlacht bei Dreux.

Endlich ist ein Brief vom Admiral gekommen, der uns über die Schlacht und ihren Ausgang berichtete. Der Prinz hatte seine Truppen ins Feld geführt, um die Feinde zu Verlassen des Lagers zu nötigen. Hätte das Fußvolk seine Pflicht getan, so wäre der Sieg zweifellos sofort ohne Mühe und fast ohne Verluste zu gewinnen gewesen. Die Feigheit des Fußvolks (andere halten es für Verrat) hat den Erfolg aufgehalten. Als der Prinz sah, dass sie so schmählich langsam vorrückten und zwar Deutsche wie Franzosen, brach er durch, um sie zu beschämen und so wenigstens in den Kampf zu treiben. Dabei wurde sein Pferd am Bug verletzt, und so kams, dass die Feinde, die in der Nähe waren, sich seiner bemächtigten, denn er konnte nicht rasch genug ein neues Pferd bekommen. Der Connetable war bereits gefangen, Marschall de St. Andre gefallen, ein Sohn des Connetable und der Herzog de Nevers hatten tödliche Wunden empfangen. Ein Bruder des Guisen, der sog. Groß-Prior, war ebenfalls schwer verwundet. Etwa zwanzig andere von den feindlichen Offizieren sind gefallen, darunter drei Ritter vom Königsorden. Vom hohen Adel sind nicht wenige gefangen und werden in sicherem Gewahrsam gehalten. Die deutschen Reiter haben sich brav gehalten, wie es rechten Soldaten ziemt; die gleiche Bravour zeigte die französische Kavallerie. Die Verluste sind im ganzen Feindesheer sehr groß; die Unsern haben nicht den fünften Teil davon verloren. Unter den Gefangenen ist außer dem Prinzen niemand, um den wir sehr in Sorgen wären, als etwa de St.-Phale. Bei einbrechender Nacht zogen beide Heere ins Lager zurück. Bei den Feinden herrschte große Angst; die Unsern waren am folgenden Tag noch so siegesfreudig, dass sie unbedenklich die Gegner zu neuem Kampfe reizten, doch hielt sich de Guise im Lager. Der Admiral hielt es für genügend, die Kampfeslust gezeigt zu haben. Der Prinz wird auf einer Burg zwischen Chartres und Dreux gefangen gehalten; die Königin-Mutter ist nach Chartres, der Hauptstadt der Gegend, aufgebrochen; kurz nach ihr kam der König. Jedenfalls ist auch der Prinz dahin gebracht worden. Wie die Unterredung ausgefallen ist, weiß man nicht; nur fürchten wir die allzu große Neigung de Condes, sich von der eiteln Hoffnung auf Frieden leiten zu lassen, die schon bisher die Ursache alles Übels für uns war. Obwohl er schon drei- viermal betrogen worden ist, konnte man ihn nie dazu bringen, sich in acht zu nehmen. Freilich denen, die ihn bewachten, ist er recht mutig entgegengetreten, so dass man sagen kann, seit dem Tag der Schlacht habe er rechten Mannesmut gewonnen. Er berief sich auf ein Edikt, das die Feinde im Juli im Namen des Königs veröffentlicht haben und in dem behauptet wird, sie hätten den Krieg begonnen, um ihn [Conde, aus den Händen der Hugenotten] zu befreien. Er sagt nun, dazu passe es nicht, dass er nun gefangen gehalten werde. Er setzte auch dazu, da ihm die Reichsstände die Regentschaft Frankreichs übertragen hätten, so verkörpere er das Königtum, und niemand dürfe Hand an ihn legen, der unter dem Könige stehe.

Am Tag vor der Schlacht hatte der Prinz den Admiral zu seinem Nachfolger ernannt. Auf seinen Namen sind die Truppen neu vereidigt worden. Ins Fußvolk hat er eine nicht unbeträchtliche Schar Neue aufgenommen. Etwa 1 000 deutsche Landsknechte sind in ihre Heimat zurückgekehrt; die deutschen Reiter dagegen sind so kriegslustig wie zu Anfang; keine Meuterei, keine Andeutung, als wollten auch sie abfallen. Ihr General hat alle Bundestruppen zum Standhalten aufgefordert und hofft das Beste; er bittet auch, man möge den Briefen des Prinzen nicht glauben, bis er wieder in Freiheit sei. Unglaublich aber ganz wahr ists, wenn ich dir berichte, dass der Connetable unter eine Bedeckung von nur zwölf Mann bis Orleans gebracht worden ist, und zwar so schnell, dass sie in vierundzwanzig Stunden in die Stadt kamen, nachdem sie dreißig französische Meilen in einem Ritt von fünfzehn Stunden zurückgelegt hatten. Der Admiral hatte vor, sich mit den Engländern zu vereinigen. Wenns nötig wird, weicht er einen zweiten Schlacht nicht aus. Falls er sich etwa gegen Lyon wendet, so haltet das nicht für eine Flucht. Zwar wird das Gerücht verbreitet, er suche in eine vom Krieg noch nicht heimgesuchte Gegend zu kommen, um sein Heer sich erholen zu lassen, doch steckt eine andere Absicht dahinter. Sicher ist es von großem Interesse, Lyon rechtzeitig Hilfe zu bringen, ehe es mehr von der Hungersnot leidet. Dazu kommt der Abfall des Barons des Adrets. Ist einmal der Herzog de Nemours geschlagen, so ist dieser ganze Strich Frankreichs bis zur Gascogne von den Räubern gesäubert. Languedoc hat Überfluss an Wein und Frucht; sobald die Straßen offen sind, ist Lyon außer Hungersgefahr. So ist künftig keine Belagerung zu fürchten. Und wenn ihm 2 000 Reiter zu Hilfe kommen, so können sie nicht wenige Neuangeworbene wieder mit zurücknehmen, was ein guter Zuwachs wäre.

Der Bote, der mir Bezas Brief brachte, ist entweder abgefangen oder auf Umwegen verirrt. Er hatte vier Tage vor der Schlacht mitten unter den Vorbereitungen geschrieben; durch die Dummheit des Boten machte der Brief allerlei Irrfahrten, ehe er in meine Hände kam; eine Kopie sende ich dir. Beza selbst ist unversehrt in Orleans, nachdem er vor der Schlacht die Soldaten tapfer ermahnt hatte, vor ihren Reihen stehend wie ein Bannerträger. So liegen unsere Dinge. Die Feinde hielten es für lohnend, allerlei prahlerischen Dunst zu verbreiten, um den Einfältigen Sand in die Augen zu streuen; aber ich habe den Hergang wahrheitsgetreu dargestellt.

Um eines bitte ich dich und alle Guten dringend, es mich schnell wissen zu lassen, wenn es heißt, der Kardinal von Lothringen komme. Er gibt vor, zum neuen römischen König reisen zu wollen, als Unterhändler wegen der Heirat des französischen Königs mit Maximilians Tochter. Doch hat er andere Absichten. So ists von Interesse für uns, zu wissen, dass er unterwegs ist, ehe er sich Frankreich nähert. Bemühe dich eifrig, die Sache herauszukriegen, und wenn du etwas erfährst, so lass es mich doch durch berittenen Eilboten wissen, damit wir seinen argen Plänen entgegen wirken können.

Hätte doch, als Baudouin bei Euch durchreiste, jemand sich meiner Klage gegen ihn angenommen! Man hätte dann entweder meinen Prozess ablehnen müssen, oder er wäre dem Strick nicht entgangen. Obwohl ich fest vorhatte, die polnischen Geschichten momentan nicht zu berühren, so hast du doch durch deine Bitte vermocht, dass ich die gottlose Irrlehre, von der die Unsern dort wie bezaubert sind, aufdecken möchte. Ich wundere mich über den dummen Hochmut des Mannes, der uns so selbstbewusst droht. Ich vermute als Verfasser des Briefes einen gewissen französischen Frechling, dessen Charakter ich in dem Brief wie in einem Spiegel zu sehen glaube. So habe ich auf deine Bitte hin mein Urteil über die Sache dargelegt, und weil seinerzeit mein Gutachten über das Mittleramt [Christi] verloren gegangen ist, so will ich, damit es nicht jetzt auch wieder so geht, das jetzige drucken lassen; auch weil eine weitere Verbreitung von Nutzen sein wird.

Während mein Brief auf einen Boten wartete, ist das Gerücht von einem neuen Gefecht entstanden, in dem die Feinde zwei Fähnlein verloren haben sollen. Denn was vom Tode des Guisen zu Cambray erzählt wird, scheint mir nicht wahrscheinlich. Aus Lyon sind 3 000 Mann ausgezogen, um die Umgebung zu brandschatzen; auf vielen Schiffen wird Weizen zugeführt. Wird Macon wieder erobert, wie man hofft, so hat man reichliche Zufuhr, weil dann die Schifffahrt nach Burgund frei ist, und die Saone könnte reichlich Wein, Weizen, Holz und Heu liefern. Lebwohl, hochberühmter Mann und von Herzen verehrter Bruder, samt den übrigen Kollegen. Der Herr erhalte Euch alle gesund und leite Euch mit seinem Geiste, damit Euer Wirken gesegnet sei.

Genf, 16. Januar 1563.
Dein
Johannes Calvin.

Ich hätte diesen Brief bälder gesandt, wenn mich nicht Threcius dringend gebeten hätte, damit bis zu seine Abreise zu warten, weil er meinte, sein Kommen sei Euch lieber, wenn er ihn mitbringe. Ich hatte zwar sonst keinen Boten zur Hand; aber ich wollte lieber einen suchen, der ihn wenigstens bis Bern mitgenommen hätte. Vielleicht ging auch bei Euch das Gerücht um, das die Deutschen hier ausstreuten, ihre Gesandten seien in der Champagne ermordet worden. Ich halte es für falsch, da Se. Durchlaucht, der Pfalzgraf, dem Gesandten de Condes, Spifame, überhaupt geraten hatte, nicht auf eine deutsche Gesandtschaft zu dringen; so war die Unterhandlung überhaupt abgebrochen worden. Ganz unglaublich ist, was man sagt, der eine Gesandte sei aus dem Haus Lüneburg, der andere ein Graf von Mansfeld gewesen.